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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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Literaritäten im Kontext 71<br />

Eine aus Polen stammende, mit <strong>eine</strong>m Englän<strong>der</strong> verheiratete Frau war mit beunruhigenden<br />

Ergebnissen aus <strong>eine</strong>m Krebsabstrich konfrontiert. Obwohl sie diese Ergebnisse mit<br />

Sorge erfüllten und <strong>der</strong> begleitende Informationstext und die empfohlene Zusatzuntersuchung<br />

sprachlich und inhaltlich höchst komplex waren, fühlte sie sich ausreichend und gut informiert.<br />

Sie fand sogar <strong>eine</strong> Begründung für die komplexe Grammatik <strong>der</strong> Information: Der/die<br />

VerfasserIn könne ja nicht wissen, wie groß das Risiko für die verschiedenen Leserinnen<br />

sei und müsse daher vieles sprachlich offen lassen. Sie hatte großes Vertrauen in den Arzt,<br />

<strong>der</strong> sich Zeit nahm, die Ergebnisse und <strong>der</strong>en Gefährlichkeit einzuordnen. Ihr Mann stand<br />

ihr emotional zur Seite. Gestützt auf <strong>eine</strong>n ähnlichen Befund aus ihrem Ursprungsland Polen<br />

war sie imstande zu verstehen, was die Ergebnisse über ein Krebsrisiko aussagen. In diesem<br />

Fall ergab sich <strong>eine</strong> glückliche Kombination aus gut entwickelter Gesundheitsliterarität und<br />

relativ gut ausgeprägter allgem<strong>eine</strong>r (englischer) Literarität. Aber ebenso wichtig waren<br />

neben diesen Umständen die Kommunikationsbereitschaft und -fähigkeit ihres Arztes und<br />

<strong>der</strong> Rückhalt durch ihren Mann. Durch diese Versorgtheit konnte sie auch ungelöste und<br />

verwirrende „Übersetzungsprobleme“ zwischen Polen und England bei den Empfehlungen<br />

zur weiteren Vorgangsweise relativ gut wegstecken.<br />

Wesentlich ungünstigere Bedingungen gab es für <strong>eine</strong> in England geborene und aufgewachsene<br />

Frau, die auf Grund <strong>eine</strong>r schweren und chronischen Erkrankung pensioniert worden<br />

war. An den Formvorlagen zur Einreichung <strong>eine</strong>s Behin<strong>der</strong>tenzuschusses irritierte sie vor<br />

allem die immer wie<strong>der</strong>kehrende <strong>Frage</strong> nach ihrer Erkrankung und ihren Einschränkungen,<br />

die ja aus ihrer Sicht von professionellen Stellen bereits oft erfasst waren. Dazu kam, dass<br />

sie <strong>eine</strong> seltene Erkrankung hatte und es für sie schwierig war, die gefor<strong>der</strong>te einschlägige<br />

Information herauszufinden und die Spezialbegriffe, mit denen ihre Krankheit charakterisiert<br />

wurde, zu verstehen. Aufgrund <strong>der</strong> Schwere ihrer Erkrankung und wegen <strong>der</strong> Fülle<br />

<strong>der</strong> Angaben sah sie sich außerstande, das Antragsformular auszufüllen. Auch ihr Mann<br />

und ihre Nachbarn fühlten sich von den Ansprüchen des Antragsformulars überfor<strong>der</strong>t.<br />

Schließlich wandte sich ihr Mann an ein Auskunftsbüro für Anspruchsrechte. Diese Erfahrung<br />

verstärkte ihr Gefühl, <strong>der</strong> Krankheit und ihrer Lebenssituation ohnmächtig ausgeliefert<br />

zu sein. Das war für sie ein ausschlaggebendes Motiv, <strong>eine</strong>n Literaritätskurs zu besuchen.<br />

Zu einigen Ergebnissen <strong>der</strong> Studie und ihren Schlussfolgerungen:<br />

Gesundheitsbezogene Prozesse sind stark „text-geprägt.“ Die Texte und das Wissen, auf das<br />

sie sich beziehen, stellen hohe Ansprüche. Eine Detailanalyse von Textanfor<strong>der</strong>ungen zeigt<br />

auf, welche Fähigkeiten dafür nötig sind:<br />

• die Bedeutung von Worten und Sätzen verstehen<br />

• die enthaltene Information im Gedächtnis speichern<br />

• die Texte aufbewahren und ablegen<br />

• die Brauchbarkeit einzelner Informationsinhalte einschätzen<br />

• Formulare korrekt und leserlich ausfüllen<br />

• <strong>Frage</strong>n notieren, Notizen und Aufzeichnungen schreiben<br />

Ob jemand mit Gesundheitsinformation etwas anfangen kann, hängt nicht allein von den<br />

Lese- und Schreibfähigkeiten ab. Einige TeilnehmerInnen <strong>der</strong> Studie waren sehr krank,<br />

manche hatten k<strong>eine</strong> entsprechenden Ansprechpartner für ihre Anliegen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Motive,

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