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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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Literaritäten im Kontext<br />

Das Konzept Numeracy ist nach Auffassung des bereits erwähnten Forschers John O’Dono -<br />

ghue und s<strong>eine</strong>s Kollegen Terry Maguire nicht zuletzt deshalb ein produktives Denkwerkzeug,<br />

weil es sich aus <strong>eine</strong>r Vielzahl von Arbeitsgebieten entwickelt hat. Und es sind gerade<br />

die Auffassungsunterschiede <strong>der</strong> Numeracy-ExpertInnen, die in <strong>der</strong> Debatte immer wie<strong>der</strong><br />

zur „Kontextualisierung“, zur Darlegung <strong>der</strong> Ableitung aus den unterschiedlichen Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> Anwendung zwingen und auf diese Weise für die Weiterentwicklung des gemeinsamen<br />

Rahmenverständnisses sorgen.<br />

Brüche und Einheiten im Alltagsleben<br />

Der Mathematiker und Statistiker Alan Tucker befasste sich 2008 in <strong>eine</strong>r Publikation <strong>der</strong><br />

Mathematical Association of America unter dem Titel „Calculation versus Context: Quantitative<br />

Literacy“ mit <strong>der</strong> Komplexität des Verstehens von Bruchzahlen. Er stellte fest, dass die Mehrheit<br />

<strong>der</strong> amerikanischen SchülerInnen <strong>der</strong> 8. Schulstufe in <strong>eine</strong>r Untersuchung die <strong>Frage</strong><br />

19 23<br />

nach dem nächst großen Ganzen aus <strong>der</strong> Summe von —— + ——<br />

20 25 mit den Antwortoptionen 1,2,<br />

42 und 45 mit 42 o<strong>der</strong> 45 beantworteten (statt mit 2, was die richtige Antwort gewesen<br />

wäre). Sie betrachteten, so beginnt Tucker s<strong>eine</strong> Analyse, Brüche nicht als eigenständige<br />

Art von Zahlen, nämlich als die Darstellung <strong>eine</strong>s Verhältnisses, son<strong>der</strong>n offenbar als ganze<br />

Zahlen, und addierten daher jeweils die Zähler o<strong>der</strong> die Nenner in den Brüchen bzw. waren<br />

überzeugt davon, dass das nächst große Ganze nur <strong>eine</strong> „große“ Zahl sein konnte.<br />

Das Zahlenverständnis von Brüchen beruht auf <strong>eine</strong>r klar definierten Einheit, ähnlich wie<br />

etwa bei <strong>eine</strong>m Zentimeter o<strong>der</strong> „<strong>eine</strong>m Teelöffel“ als Bezugsstandard des Messens und Zählens.<br />

Brüche verweisen also auf Einheiten, Bezugsgrößen und das Anteilverhältnis zwischen<br />

ihnen. In dieser Rolle drücken sie auch Umwandlungsverhältnisse zwischen Einheiten<br />

1<br />

1<br />

aus (z.B. ist 1 mm = —— cm). Zur Verwirrung trägt bei, dass ——<br />

10<br />

41 im Alltag als <strong>eine</strong>r von vier<br />

gleichen Teilen <strong>eine</strong>s vorstellbaren Ganzen verstanden wird, ——<br />

4 cm dagegen als das Ergebnis<br />

<strong>eine</strong>r Messung. Messungseinheiten und Teiler – wie <strong>eine</strong> Nagelbreite, <strong>eine</strong> Messerspitze<br />

o<strong>der</strong> <strong>eine</strong> Schrittgröße – haben <strong>eine</strong> wichtige Brückenfunktion zwischen dem Alltags -<br />

verständnis und dem abstraktem Konzept <strong>der</strong> Bruchzahl. Eine weitere Schwierigkeit beim<br />

Verständnis von Bruchzahlen ist, dass <strong>der</strong> Zähler <strong>eine</strong> Zählzahl ist, in unserem obigen Fall<br />

1<br />

19 bzw. 23, während <strong>der</strong> Nenner <strong>eine</strong> an<strong>der</strong>e Zählart darstellt – im besagten Fall —— o<strong>der</strong><br />

1<br />

——<br />

25<br />

–, nämlich <strong>eine</strong>n Kehrwert. Brüche sind somit ganze Vielfache von Kehrwerten. Aber auch<br />

1<br />

bestimmte Schreibweisen tragen zur Verwirrung bei: ——<br />

4 hat einmal bloß die Bedeutung <strong>eine</strong>r<br />

Bruchzahl und kann ein an<strong>der</strong>es Mal als arithmetische Aufgabe <strong>eine</strong>r Division gemeint und<br />

verstanden werden.<br />

Man sieht, bereits ein vermeintlich einfaches Thema, ein Zahlenaspekt, verlangt die Kenntnis<br />

<strong>der</strong> Definition verschiedener mentaler Konzepte und ihrer Beziehung zueinan<strong>der</strong>. Sie<br />

erschließen sich nicht durch Errechnen, son<strong>der</strong>n nur durch die übende Erfahrung vor allem<br />

des Verstehens <strong>der</strong> Begründungen ihres Einsatzes bei verschiedenen Anlässen. Zu ihrer<br />

Ver ankerung, so Tuckers Schlussfolgerung, muss ihre Darlegung als unterschiedliche Pers -<br />

pek tiven <strong>der</strong> Betrachtung und des Ausdrucks auf ein und dieselbe Sache im Zentrum <strong>der</strong><br />

Vermittlung stehen.<br />

Und das gilt umso mehr, als Angaben in Brüchen, Prozenten, Dezimalen, Umwandlungszahlen<br />

o<strong>der</strong> Verhältniszahlen im Alltagsleben ebenso weit verbreitet sind wie die Schwierigkeiten<br />

im Verstehen ihrer Wechselwirkung in alltäglichen Lebenslagen.<br />

20<br />

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