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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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122 Literaritätspraxis hierzulande – <strong>eine</strong> (sehr) kl<strong>eine</strong> Auswahl<br />

Diese Einstellung macht ihn offen für neue Wege und Formen, Musik zu machen und sie<br />

<strong>eine</strong>m breiteren Publikum zu vermitteln. Und sensibilisiert ihn für die Schwierigkeiten, die<br />

StudentInnen aus an<strong>der</strong>en Kulturen bei <strong>der</strong> Begegnung mit <strong>eine</strong>r für sie neuen Kultur vorfinden.<br />

Deshalb plädiert er für die Entwicklung <strong>eine</strong>r „Kultur“ des kulturellen Austauschs<br />

auf allen universitären Ebenen. Der Kulturaustausch vollziehe sich nicht nur in <strong>eine</strong><br />

Richtung, die Universität habe auch von und durch ihre internationale StudentInnenschaft<br />

zu lernen – und das tue sie auch. Und wenn man zu Recht for<strong>der</strong>e, dass die StudentInnen<br />

Deutsch lernen, müsse es auch geeignete Angebote an <strong>der</strong> Universität geben.<br />

Kulturelle Schuhlöffelstrategien<br />

Deutlich verän<strong>der</strong>t, etwa im Vergleich zu vor 10 Jahren, hat sich die Vertrautheit <strong>der</strong> Studen -<br />

tInnen mit dem Werkekanon <strong>der</strong> europäischen Musiktradition. Die StudentInnen kennen<br />

Werke <strong>der</strong> europäischen Musikkultur, z.B. <strong>eine</strong> Symphonie von Dvorˇák, Beethoven o<strong>der</strong><br />

Schubert-Lie<strong>der</strong>, nicht mehr vom Hören. Es fehlt das einst weitgehend selbstverständlich<br />

vorhandene und auch vorausgesetzte Hörerlebnis einschlägiger Werke, und zwar sowohl bei<br />

„hiesigen“ als auch bei den internationalen MusikstudentInnen. Dies ist sicherlich zum <strong>eine</strong>n<br />

das Ergebnis <strong>der</strong> globalisierten Vielfalt und Verbreiterung des Musikangebots, zum an<strong>der</strong>en<br />

aber umfasst dieser Werkekanon <strong>eine</strong>n Zeitraum von mehr als 250 Jahren – und rückt für<br />

jede neue Generation noch weiter in die Vergangenheit. Der Unterricht kann also nicht mehr<br />

auf <strong>eine</strong>m gemeinsamen Fundament gesicherter Grundbaust<strong>eine</strong> aufbauen, sich etwa auf<br />

die Kenntnis des über Musik und Literatur zu Musik dokumentierten Dialogs zwischen den<br />

KomponistInnen und ihren Werken beziehen. Dieser Verlust verlangt nach Umstellung,<br />

bietet damit aber zugleich die Chance, „sich etwas Neues einfallen zu lassen“. Auf „Altes“,<br />

etwa auf die Spätklassik und Frühromantik zurückzugreifen, wird schwieriger. Umso wichtiger<br />

werde es, Brücken zu bauen zwischen damals und heute, meint Aichinger:<br />

„Es geht um die Entwicklung <strong>eine</strong>r exemplarischen Sensibilität für das kontextuelle<br />

Denken und Empfinden <strong>eine</strong>r Zeit, das die Studenten über die Resonanz in ihrem<br />

Erleben dazu ermutigt, <strong>eine</strong>n eigenständigen Weg <strong>der</strong> Erarbeitung und Übertragung<br />

<strong>eine</strong>s Werkes zu finden.“<br />

Im Vor<strong>der</strong>grund je<strong>der</strong> musikalischen Vermittlung steht für Aichinger Begegnung und Dialog<br />

mit Kultur. Um diese anzuregen, entwickelt und verwendet er <strong>eine</strong> Reihe von sog. „Schuhlöffelstrategien“,<br />

wie er das nennt. So dient etwa ein historisch-literarischer Schuhlöffel<br />

dazu, die Zeit, die musikalischen und außermusikalischen Einflüsse, Stilelemente, Kompositionsvorlagen<br />

und -ideen von Beethoven o<strong>der</strong> Schubertstücken empathisch nachvollziehbar<br />

zu machen. Indem z.B.die StudentInnen eingeladen werden, die 7. Symphonie Beethovens, die<br />

kurz nach s<strong>eine</strong>m Brief An die unsterbliche Geliebte entstand, als <strong>eine</strong>n Sehnsuchtsgesang<br />

an <strong>eine</strong> ferne Geliebte aufzufassen und auf diese Weise die musikalische Form auf sich<br />

wirken zu lassen. O<strong>der</strong> indem Goethes Gedicht Der Erlkönig als exemplarisches Beispiel<br />

für <strong>eine</strong> spannungsgeladene Gestaltung tief empfundener und weit verbreiteter Ängste vor<br />

<strong>eine</strong>m übermächtigen In-Besitz-Genommen-Werden dient. Das Metrum, <strong>der</strong> Refrain und <strong>der</strong><br />

Beschwörungscharakter <strong>der</strong> Ballade wird zum Anlass dafür, rhythmische Elemente und<br />

Spannungsbögen im deutschen Volkslied als Basis des Kunstlieds bei Schubert und volksliedähnlicher<br />

Stilelemente in <strong>der</strong> Orchestermusik, <strong>der</strong>en Instrumentierung sowie Artikulation<br />

und Einsatz von Gesangs- und Instrumentenstimmen als musikalische Stilmittel <strong>der</strong> Erzählung<br />

zu entdecken.

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