05.10.2013 Aufrufe

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Was ist Literarität?<br />

Auch diese Studie nimmt mit dem Versuch, den internationalen Diskurs dazustellen, dessen<br />

verfälschende Repräsentativität in Kauf. Sie präsentiert im Wesentlichen die im englischsprachigen<br />

Wissenschaftsbetrieb anerkannten und in renommierten Wissenschaftsverlagen<br />

publizierten ForscherInnen. Das bedeutet k<strong>eine</strong>swegs, dass nur sie hier vorkommen: Aber<br />

Forschung und Wissenschaft benötigen neben <strong>der</strong> Kontinuität <strong>der</strong> Beschäftigung mit ihrem<br />

Gegenstand – auch wie<strong>der</strong> ein Aspekt <strong>der</strong> Literarität – ausreichenden und zusammenhängen -<br />

den Raum, um Ideen und Überlegungen, Methoden, Material, Untersuchungen und Ergebnisse<br />

zusammenhängend und entwickelnd präsentieren zu können und sie damit auch<br />

zugänglich und nachvollziehbar zu machen. Da es <strong>eine</strong>s unserer wichtigsten Anliegen ist,<br />

das Forschungsfeld Literarität in Österreich bekannter und nachvollziehbar zu machen,<br />

haben wir uns bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Zentraltexte an die international als solche behandelten<br />

gehalten. Dies gilt vor allem für die theoretische Beschäftigung mit dem Thema, weitaus<br />

weniger für viele Projekte aus <strong>der</strong> Literaritätspraxis, die online und in diversen Publikationen<br />

leicht zugänglich sind, allerdings häufig weniger Hintergrundmaterial anbieten und so<br />

nur rudimentär Verständnis für Zusammenhänge und Rahmenbedingungen vermitteln.<br />

Das eben beschriebene Dilemma können wir nicht aufheben, umso wichtiger ist uns <strong>der</strong><br />

Hinweis auf vielsprachige und autarke Riesen <strong>der</strong> Wissenschaftsentwicklung, auf <strong>der</strong>en<br />

Schultern die Literaritätsforschung steht. Die Großväter <strong>der</strong> Literaritätsforschung kommen<br />

aus vielen Teilen Europas. Sie gehören zu den sich in vielen Län<strong>der</strong>n Europas entwickelnden<br />

wissenschaftlichen wie künstlerischen Aufbruchsbewegungen in <strong>der</strong> Folge <strong>der</strong> Herausbildung<br />

industrialisierter und demokratischer Massengesellschaften und nationaler Unabhängigkeitsbestrebungen<br />

um die Jahrhun<strong>der</strong>twende zum 20. Jahrhun<strong>der</strong>t bis in die 1930er Jahre. Für<br />

die Literarität als Forschungszweig erfolgen damals einige grundlegende Weichenstellungen<br />

durch die russischen Wissenschafter Alexan<strong>der</strong> Lurija und Lew S. Wygotski mit ihrer Darstellung<br />

und Untersuchungsweise von Sprache und Denken als durch soziale Kultur vermittelte<br />

und sich herausbildende Tätigkeiten. Ihre Landsleute Boris Eichenbaum und Michail<br />

Bachtin vertiefen den Kulturbegriff von Sprache und Literatur als soziale Praxis um die<br />

Figur des dialogischen Interaktionsgeschehens, sie untersuchen literarische und poetische<br />

Strukturprinzipien und <strong>der</strong>en Wirksamkeit als Denkkulturen. Auf diese literarisch-soziale<br />

Praxis bezieht sich wenig später die Prager Schule des Formalismus, z.B. Roman Jakobson,<br />

und wendet sie auf die strukturelle Untersuchung von Sprache als Kultur an. Diese Sichtweise<br />

verbindet sich im französischen Strukturalismus, z.B. bei Claude Lévi-Strauss, mit<br />

dem Begriff des „fremden Blicks“, um die „inneren“ Prinzipien von Sprache und Denken<br />

erkennen und „gemeinsame“ Strukturen je<strong>der</strong> Sprache und jedes Denkens an möglichst<br />

vielen Unterschieden herausarbeiten zu können.<br />

Aus Österreich wird mit Ludwig Wittgenstein <strong>der</strong> Zusammenhang von Sprache, Logik<br />

und Bewusstsein zum Thema, <strong>der</strong> Wiener Kreis beschäftigt sich mit dem Entdecken, Begründen<br />

und Erklären als grundlegendes, paradigmatisches Argumentationsverfahren <strong>eine</strong>r Wissen -<br />

schaftskultur. Um den Prozesscharakter des Erkennens – wenn auch bruchstückhaft und<br />

vorläufig – geht es bei Otto Neurath. Er bemüht sich um <strong>eine</strong> „allgemeinverständliche“<br />

Bildsprache für komplexe Wissenszusammenhänge. Nicht vergessen seien die Theorien<br />

symbolischer Formen und ihrer Lektüre bei Ernst Cassirer, die Beschäftigung mit Literatur<br />

und Stadt bei Walter Benjamin o<strong>der</strong> Bild- und Bildgeschichten bei Ernst Gombrich. Zeitgleich<br />

entwickelt Jean Piaget in <strong>der</strong> Schweiz s<strong>eine</strong> Ideen und Untersuchungen zu Konzepten<br />

und Konstruktionsweisen von Wissen und Denkstadien. Gemeinsam ist ihnen allen, dass<br />

sie wissen wollen, wie Werkzeuge <strong>der</strong> Kultur und soziale Praxis einan<strong>der</strong> erzeugen und<br />

17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!