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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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Was ist Literarität?<br />

In <strong>eine</strong>m beweglichen soziokulturellen Gewebe werden komplexe Verständnisweisen von<br />

Handeln und ebensolche für das Umsetzen zwischen den vielen und vielen unterschied -<br />

lichen Austauschformen im sozialen Verkehr benötigt. Man muss die Rolle des Verstehens<br />

in diesen austauschenden und umsetzenden Handlungsweisen „verstehen“. Und da hat Literarität<br />

<strong>eine</strong>n wichtigen Platz. Sie ist Teil <strong>der</strong> sozialen Praxis und sowohl Medium als auch<br />

Mittel des Ausdrucks und <strong>der</strong> Verständigung über diese Praxis. Sie fungiert als <strong>eine</strong> Oberfläche,<br />

an <strong>der</strong> akustische und mündliche, schriftliche, visuelle und digitale Ausdrucks- und<br />

Kommunikationsformen beteiligt sind. Sie ist lebendig und flexibel, entstehen doch aus den<br />

Übertragungsweisen von Lesen und Schreiben in und durch an<strong>der</strong>e Technologien ständig<br />

neue Mischformen von Literaritäten und verschiedene kulturelle Kontexte. Damit ist sie<br />

tauglich als Nahtstelle neuer kultureller Ausdrucksweisen und Darstellungen und dokumentiert<br />

zugleich den Bruch und die potentielle Fortsetzung mit aus <strong>der</strong> Mode gekommenen<br />

Präsentationen.<br />

Das innerhalb weniger Monate unter Jugendlichen beliebt gewordene You Tube, also eigentlich<br />

dein Fernseher, d<strong>eine</strong> Röhre, trifft offensichtlich den Nerv heutiger Anliegen des direkten<br />

Anbietens und Austauschens über <strong>Frage</strong>n wie: Wer bin ich, wie bin ich, wohin geht die<br />

Reise? Während die Kin<strong>der</strong> heute oft ihre erste Erfahrung mit Lesen und Schreiben am PC<br />

machen, ringen an<strong>der</strong>e, die seit Jahrzehnten schreiben – und zwar mit <strong>der</strong> Hand und mit<br />

<strong>der</strong> Schreibmaschine – mit <strong>der</strong> Allgegenwart <strong>der</strong> elektronischen Textverarbeitung in ihrem<br />

Gewerbe. So beschreibt <strong>der</strong> nicht mehr jugendliche Schriftsteller und Kulturkritiker Peter<br />

Roos in <strong>der</strong> deutschen Wochenzeitschrift „Die Zeit“ in dreißig Lektionen mit Witz und Wehmut,<br />

wie er nach Jahrzehnten <strong>der</strong> Verweigerung das elektronische Ungeheuer schließlich<br />

in s<strong>eine</strong>n „Fuhrpark einglie<strong>der</strong>t“. Und er verrät überdies, dass er im Duden-Fremdwörterbuch<br />

unter Revolution auch die folgende Definition gefunden hat: Aufhebung, Umwälzung<br />

<strong>der</strong> bisher als gültig anerkannten Gesetze o<strong>der</strong> <strong>der</strong> bisher geübten Praxis durch neue Erkenntnisse<br />

und Methoden.<br />

Wir befinden uns mitten in dieser Umwälzung, und wir brauchen neue Erkenntnisse und<br />

Methoden. Dazu kann das Konzept von Literarität als soziale Praxis, eingebettet in Kultur,<br />

beitragen. Lernen und Vermitteln – auch von Lesen und Schreiben – sind nicht in <strong>eine</strong>m<br />

gesellschaftlichen Spezialbereich anzusiedeln. Vielmehr haben wir uns literate Lernumgebungen<br />

vorzustellen, raum- und stadtplanerisch ausgestattet als Orte <strong>der</strong> Begegnung, des<br />

Nie<strong>der</strong>lassens und Arbeitens, konzipiert in Architektur und Anlage als Brückenköpfe in <strong>der</strong><br />

Stadt. Es sollten Orte sein, die dazu einladen, sich mit <strong>eine</strong>r Fülle von Materialien, Medien<br />

in allen Sprachen und <strong>eine</strong>r Vielfalt von Angeboten zu <strong>der</strong>en Nutzung zu beschäftigen. Die<br />

für das Blättern in Zeitungen und Bil<strong>der</strong>büchern ebenso geeignet sind wie für das Verweilen,<br />

um etwas allein o<strong>der</strong> gemeinsam zu studieren o<strong>der</strong> zu schmökern, um Geschichten zu<br />

erfinden und einan<strong>der</strong> zu erzählen o<strong>der</strong> DVDs anzuschauen.<br />

Es würde den hier vorgegebenen Rahmen sprengen, alle Bereiche und Lebenslagen aufzuzählen,<br />

an denen Literarität stattfindet und welche Bedeutung ihr jeweils zukommt. In jedem<br />

Fall ist sie aber auch <strong>eine</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung an tradierte Vorstellungen über „das Bilden“.<br />

Polemisierend ließe sich diese Herausfor<strong>der</strong>ung auf zwei Sichtweisen verkürzen: Geht es um<br />

das Klonen von stromlinienförmigen Ausbildungsabziehbil<strong>der</strong>n – messbar, wägbar, testbar,<br />

vor allem aber verwertbar? O<strong>der</strong> um das Herauslösen von Potentialen und das Entwickeln<br />

von analytischen wie kombinierenden Fähigkeiten mit den Instrumenten des Wissens, um<br />

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