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eine zentrale Frage der Wissensvermittlung (pdf)

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einan<strong>der</strong> verbunden. Und historisch gehören sie in <strong>der</strong> Musikentwicklung zusammen. Der/die<br />

KomponistIn ist hellhörig für s<strong>eine</strong>/ihre Zeit, sammelt die Klangmaterialien, um sie in<br />

s<strong>eine</strong>r/ihrer Weise einzusetzen und zu verän<strong>der</strong>n. Für MusikerInnen ist jede Musik, festgehalten<br />

als Werk o<strong>der</strong> in Wie<strong>der</strong>gabe, Quelle und Material für weitere Bearbeitungen. So<br />

ist das Archiv Dokumentation vieler „flüchtiger“ Klänge und ermöglicht, die Stadt auch als<br />

Klangteppich o<strong>der</strong> Klanglandschaft zu erkennen. Sie wird hörbar und damit als soziokulturelle<br />

Quelle, auch an ihrer Musik, lesbar. Die Ergebnisse <strong>der</strong> Quellenarbeit werden publiziert,<br />

das Material ist neben <strong>eine</strong>r Literatursammlung in <strong>eine</strong>r Bibliothek zugänglich. Aktuelle<br />

Projekte des Archivs sind etwa Stimmporträts, Musik im Alltag, Hauskonzerte, das inter -<br />

nationale Musikspektrum in Wien, traditionelle Wiener Musik, das Jazzleben in Wien o<strong>der</strong><br />

die Musik <strong>der</strong> Jüdischen Gemeinde in Wien.<br />

Musik als Dialogisieren mit ihren Quellen<br />

Um ein lebendiges und heutiges Musikverständnis geht es Nikolaus Harnoncourt mit s<strong>eine</strong>r<br />

seit 50 Jahren praktizierten historischen Quellenarbeit. Denn, so s<strong>eine</strong> Überzeugung, „Musik<br />

verän<strong>der</strong>t den Menschen, Hörer wie Musiker […]. Musik ist unverzichtbar, wenn wir [uns] und<br />

sie verstehen wollen.“ 31 Indem er die Zeit und den Kontext von Klangideen, Musizierformen,<br />

die Geschichte <strong>der</strong> Bearbeitung <strong>eine</strong>s Werkes und von professionellen Aufführungspraktiken<br />

in den folgenden Zeiten als <strong>der</strong>en Interpretationen wie<strong>der</strong> zum Thema macht, versucht er,<br />

das Zeitlose von Musik im Sinne <strong>eine</strong>r über die Zeiten hinweg interessanten Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit den durch die Musik aufgeworfenen <strong>Frage</strong>n und Wi<strong>der</strong>sprüchen heute wie<strong>der</strong><br />

freizulegen und hörbar zu machen. Einem vermeintlich autoritativen Begriff <strong>der</strong> Authentizität<br />

und <strong>eine</strong>r „allgemeingültigen“ Wie<strong>der</strong>gabe setzt er s<strong>eine</strong> kritische Analyse von Literatur,<br />

Texten über Musik und Partituren entgegen. Und er zeigt anhand <strong>der</strong> Notation <strong>eine</strong>s<br />

Werkes, dass es auch in <strong>der</strong> Notenschrift, wie bei je<strong>der</strong> Sprache und jedem Text, eben bei<br />

je<strong>der</strong> Art von Schreiben, Vieldeutigkeit gibt. Und wie bei je<strong>der</strong> Art, <strong>eine</strong>n Text zu lesen,<br />

filtert jede/r LeserIn – und all jene, die Noten bearbeiten und drucken – durch s<strong>eine</strong>/ihre<br />

Vorstellungen über den Klang und die Zeit des Textes. Alle, die vergangene Werke spielen,<br />

müssen sich dessen bewusst sein und dieses Wissen für sich übersetzen. Dieses Wissen<br />

ist nur „entzifferbar“ im historischen Zusammenhang. Zwar galten bis ins 17. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

eindeutige Zeichen, aber auch sie wurden von den InterpretInnen immer an<strong>der</strong>s gelesen.<br />

Bis zum Ende des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts ist beim Aufführen <strong>eine</strong>s Werkes Improvisation, Verzierung<br />

des Werkes üblich. Ebenso wie Lesarten und Improvisationspraxis verän<strong>der</strong>n sich die<br />

Instrumente, die Klangvorstellung, die Spielweise und die Gesangstechnik.<br />

„Verhängnisvoll ist allerdings <strong>der</strong> noch immer weitverbreitete Irrtum, die Notenzeichen,<br />

die Affekt- und Tempoworte sowie die dynamischen Bezeichnungen hätten<br />

schon immer dieselbe Bedeutung gehabt wie heute. Diese irrige Ansicht wird durch<br />

die Tatsache geför<strong>der</strong>t, dass seit Jahrhun<strong>der</strong>ten beim Aufschreiben dieselben grafischen<br />

Zeichen verwendet werden, es wird zuwenig bedacht, dass die Notenschrift<br />

nicht einfach <strong>eine</strong> zeitlose, übernationale Bezeichnungsmethode für Musik ist, die<br />

für mehrere Jahrhun<strong>der</strong>te unverän<strong>der</strong>t gilt; mit den stilistischen Wandlungen <strong>der</strong><br />

Musik, den Ideen <strong>der</strong> Komponisten und <strong>der</strong> ausführenden Musiker verän<strong>der</strong>t sich<br />

auch die Bedeutung <strong>der</strong> verschiedenen Zeichen <strong>der</strong> Notenschrift.“ 32<br />

31 Ebd., S. 10.<br />

32 Ebd., S. 36.<br />

Literaritätspraxis hierzulande – <strong>eine</strong> (sehr) kl<strong>eine</strong> Auswahl<br />

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