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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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verwesender leIchnAm<br />

tatsächlichen <strong>Ekel</strong>gehalt geprüft. So werden einzelne Werke beispielhaft<br />

vorgestellt, an denen sich die Entwicklung der To<strong>des</strong>bilder veranschauli-<br />

chen lässt und die ihrerseits Impulse an die Künstler der nachfolgenden<br />

Generationen gegeben haben. Die Werkauswahl verdeutlicht die kunstge-<br />

schichtliche Entwicklung <strong>des</strong> phänomenologischen Leichenekels, um eine<br />

Basis für die Betrachtung zeitgenössischer Kunst zu schaffen.<br />

II.2.1.1 Unbußfertiger Tod<br />

In der Kunstgeschichte <strong>des</strong> Abendlan<strong>des</strong> findet sich eine Vielzahl von To-<br />

<strong>des</strong>darstellungen. Walther Lang stellt zur Diskussion, dass ein Grund dafür<br />

im Christentum selbst läge, da der Tod <strong>des</strong> Religionsstifters und das Myste-<br />

rium seiner To<strong>des</strong>überwindung den Angelpunkt <strong>des</strong> ganzen Glaubens bilde<br />

und die gesamte Kulturgeschichte <strong>des</strong> Abendlan<strong>des</strong> unauslöschbar geprägt<br />

habe. Ferner sei für das Christentum bezeichnend, dass es sich im Zeichen<br />

<strong>des</strong> Kreuzes auf die knappe Formel von Tod und Auferstehungsverheißung<br />

resümieren lasse (vgl. Lang 1995: 9).<br />

In Darstellungen der Passion Christi soll jedoch nicht das Gefühl eines<br />

<strong>Ekel</strong>s gegenüber dem Erlöser, sondern vielmehr Mitgefühl für sein Leiden<br />

erzeugt werden, da das Christentum die Idee der nächstenliebe gespendet<br />

hat und diese sich im Opferakt der Kreuzigung und der Eucharistie symbolisiert<br />

(vgl. II.2.1.2). Mittelalterliche Schmerzerfahrungen und Schmerzerfahrungsdarstellungen<br />

haben daher vermutlich nur wenig mit unserer<br />

heutigen Vorstellung von Leiden zu tun, da Schmerz und religiöse Erfahrung<br />

eng miteinander verbunden sind, wie zahlreiche Darstellungen von<br />

Martyrien Heiliger zusätzlich verdeutlichen. nichts<strong>des</strong>totrotz liegen den<br />

To<strong>des</strong>bildern <strong>des</strong> Christentums, wie auch bei den vetula-Darstellungen, auf<br />

der Bildebene körperlicher Verfall und auf der Bedeutungsebene christlichethische<br />

Absichten zugrunde. So warnen die To<strong>des</strong>-Darstellungen <strong>des</strong> Mittelalters<br />

vor Sittenlosigkeit und unbußfertigem Tod, während die zahlreichen<br />

Skelett-Darstellungen der Spätantike noch an das Sterben erinnerten und –<br />

getreu dem Motto „carpe diem“ – vor allem zu rechtzeitigem Lebensgenuss<br />

mahnten (vgl. z. B. silberner Skelettbecher aus dem Schatzfund von<br />

Boscoreale, 1. Jh. n. Chr.).<br />

Das hohe Mittelalter erklärt den physischen Tod <strong>des</strong> Menschen (sofern er<br />

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