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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Abb. 268 Abb. 269<br />

FrAgmentIerung <strong>des</strong> Körpers<br />

Motiv für den Schnitt scheint allein die ästhetische Lust der Folter zu sein,<br />

welche in der Kunstgeschichte bereits eine Rolle gespielt hat, aber bislang<br />

nie so stark reduziert worden ist. Des Weiteren kann man die wissenschaft-<br />

lich anmutende Fragmentierung <strong>des</strong> Augeninneren auch als Forschung zur<br />

Sinneswahrnehmung ‚Sehen’ begreifen, denn dass gerade das Sehorgan, mit<br />

dem selbst der unbeteiligte Zuschauer den Stummfilm erlebt, diese Attacke<br />

erfährt, ist kein Zufall. nach Björn Last soll der Betrachter aus <strong>Ekel</strong> und<br />

Schutz sein eigenes Auge schließen, nur um es gleich wieder aus neugier<br />

und Emotionalität zu öffnen (vgl. ebd.). nach Peter Weiss markieren die<br />

beiden Künstler mit diesem Schnitt daher auch eine Zäsur der Geschichte<br />

<strong>des</strong> Sehens in einer drastischen Attacke (vgl. Weiss 1995: 41).<br />

Andere Surrealisten sammeln zeitgleich künstliche Körperteile, wie beispielsweise<br />

Schaufensterpuppenglieder, und arrangieren diese für die Fotografie<br />

(vgl. z. B. Umbros Menjou en gros, 1928/29 oder Werner Roh<strong>des</strong> Modepuppen<br />

– Arme, 1934). Die Künstlichkeit <strong>des</strong> Materials, das nunmehr als<br />

Zeichen für Körper steht und als „[…] Spiegel der in der Moderne erworbenen<br />

Körperdefizite“ (Schuhmacher-Chilla 1999: 126) interpretiert werden<br />

kann, bietet völlig neue Möglichkeiten einer Fragmentierung und einer<br />

Defragmentierung, die aus der Amputation unechter Körperteile gewonnen<br />

wird. Da künstliche Körper nicht sterben können, erfüllen sie damit<br />

auch unsere Utopien in effigie (vgl. Belting 2001: 23).<br />

Hans Bellmer setzt die einzelnen Körperteile gänzlich neu zusammen (Abb.<br />

269, La Poupée, 1935). In den Jahren 1932/33 erschafft Bellmer eine erste<br />

299

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