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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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verlängert und ultimativ gesteigert werden, damit der Schmerz unendlich<br />

währt (vgl. Böhme o.J.: www.hu-berlin.de). 64<br />

Auch das frühe Bild Die Qualen der Hölle der Brüder Limburg weist die leib-<br />

liche Züchtigung als besonders schmerzhaft aus (vgl. Die Qualen der Hölle<br />

aus dem Stundenbuch Très Riches Heures der Brüder Limburg, ca. 1416):<br />

„Unsägliche Folterqualen erwarten jeden Sünder, der dann in einer großen<br />

breiigen Masse verschwindet; in Die Qualen der Hölle zerren Dämonen die<br />

Sünder ins Feuer, der Leviathan liegt auf einem glühenden Rost und zer-<br />

drückt Menschen mit Händen und Füßen, während er mit feurigem Atem<br />

die Verdammten ausspeit.“ (Seidel 1986: 1354)<br />

Verbindet man die Erkenntnisse der <strong>Ikonografie</strong> <strong>des</strong> Weltgerichts mit<br />

denen der ethnischen Verekelung, zeigen Wachsdarstellungen der letzten<br />

Dinge in ihrem schrecklichstem Stadium – der Darstellung <strong>des</strong> Verdammten<br />

in der Hölle – wohl nicht zufällig einen Menschen dunkler Hautfarbe, wäh-<br />

rend die selige Seele mit makellos weißer Hautfarbe dargestellt ist (Abb.<br />

146a-c, Seelen in der Hölle, im Fegefeuer und im Himmel, unbekannter lombar-<br />

discher Künstler, vor 1611 und Abb. 147, Seelen in der Hölle, Ausschnitt,<br />

unbekannter florentinischer Künstler, ebenfalls frühes 17. Jahrhundert). In<br />

diesen Darstellungen kombinieren die Künstler scheinbar ethnische Merk-<br />

male mit dem Aufruf zur Bußgesinnung, in beiden sind die Höllenqua-<br />

len besonders eindringlich versinnbildlicht und der (dunkelhäutige) Sünder<br />

wird zu einer teuflischen Fratze stilisiert. Dieses Bild entspricht wiederum<br />

der <strong>Ikonografie</strong> von Jesus und dem Teufel, denn während Jesus in der<br />

christlichen <strong>Ikonografie</strong> bis zur (Post-)Avantgarde immer hellhäutig dar-<br />

gestellt wird, bildet sie den Teufel in aller Regel mit schwarzer oder roter<br />

Hautfarbe ab.<br />

der Andere<br />

Hartmut Böhme stellt heraus, dass es nach dem Ende <strong>des</strong> Mittelalters meh-<br />

rere Jahrhunderte dauert, um die Architektur von Himmel und Hölle wenn<br />

nicht zum Einsturz zu bringen, so doch soweit zu medialisieren, dass Him-<br />

mel und Hölle invertieren und gleichsam auf der Erde selbst Platz finden:<br />

als irdische Paradiese oder irdische Höllen (vgl. Böhme o.J.: www.hu-berlin.<br />

de). Denkt man sich die irdische Hölle als Kollektiv, ist es seitdem zuneh-<br />

mend der gesellschaftliche Status, der darüber entscheidet, wer zu einer<br />

sozialen Randgruppe zu zählen ist (Honnef/Honnef-Harling 2000: 9).<br />

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