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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Ordnung durch Exzess und kindliches Treiben, das gemeinhin mit Un-<br />

schuld assoziiert wird, hier aber alles andere als das ist: das Zivilisierte sei<br />

pervertiert (vgl. Düchting 2000: 195). Mike Kelley schlägt daher mit seinen<br />

Aktionen in eine ähnliche ‚<strong>Ekel</strong>kerbe’ wie McCarthy.<br />

Die meisten Fotos <strong>des</strong> Spaniers David Nebreda zeigen Spuren von Selbst-<br />

verletzungen mit Rasierklingen, Messern, Scheren, brennenden Zigaret-<br />

ten und Fleischwunden von mit nägeln bespickten Peitschen. Bestimmte<br />

Inszenierungen, bisweilen mit einer Art Heiligenschein, lassen an reli-<br />

giöse Ekstasen in der Überlieferung der spanischen Kunst denken (vgl.<br />

Clair 2004: 22).<br />

Seit 2000 dokumentiert er in den so genannten Autoportraits seinen eigenen<br />

Verfall und schlägt damit eine Brücke sowohl zu den Selbstverletzungs-<br />

künstlern der 1960er und 1970er Jahre, als auch zu den zeitgenössischen<br />

Blutabschnürungs-Performances <strong>des</strong> Gordon Douglas, den ‚Vivisektionen’<br />

Orlans und den sadomasochistischen Praktiken <strong>des</strong> Bob Flanagan (Abb.<br />

441-446, Serie Autoportraits, 2000). Was nebreda von diesen Künstlern je-<br />

doch maßgeblich unterscheidet, ist die Tatsache, dass er für die farbliche<br />

Gestaltung seiner Werke (angeblich) nur Asche und drei organische Mate-<br />

rialien verwendet: Blut, Urin und Exkremente (vgl. ebd., siehe Abb. 447<br />

und Abb. 448, Serie Autoportraits, 2000).<br />

David nebreda wird mehrfach wegen paranoider Schizophrenie ein-<br />

gewiesen. Ein Selbstportrait aus dem Jahre 1997 kommentiert er mit fol-<br />

gendem Text:<br />

„David nebreda de nicolás: born 1st August 1952; chronic paranoid schi-<br />

zophrenia; he follows the order; today 19th October 1997. D.n.n. He does<br />

it; with his excrement. Against vertigo, nothing can be said.” (zitiert nach<br />

Jones 2005: 12)<br />

exKretIon<br />

Wie David Houston Jones richtig feststellt, liest sich der Text wie ein ver-<br />

spottetes psychiatrisches Profil und erzwingt Entsetzen, wenn der Leser<br />

realisiert, dass die notiz mit nebredas eigenem Exkrement geschrieben<br />

wurde (vgl. ebd.).<br />

In zahlreichen Aktionen bemalt sich der Künstler am ganzen Körper mit<br />

seinen Fäkalien, so auch im Gesicht (Abb. 447). nach Jean Clair bedeutet<br />

es eine tiefe Verletzung, das Gesicht unter einer Fäkalienmaske zu verbergen.<br />

Dieses Procedere sei einer Bestattung ähnlich, allerdings nicht in Erde,<br />

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