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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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gang, dem alle Menschen unterworfen sind, kann nach Susanne Düchting<br />

auch als Zeichen für eine klassenlose Gesellschaft interpretiert werden (vgl.<br />

Düchting 2000: 179).<br />

In den späten 1920er Jahren entsteht Salvador Dalis surrealistisches Gemäl-<br />

de Le Jeu Iugubre/Das finstere Spiel (Abb. 422, Detail, 1929). Karin von Maur<br />

sagt zur Kritik dieses Bil<strong>des</strong>, dass Dalis Künstlerkollegen beim Anblick <strong>des</strong><br />

Gemäl<strong>des</strong> zwar alle voller Bewunderung gewesen seien, sich aber wegen<br />

der Gestalt <strong>des</strong> Mannes mit kotverschmierten Unterhosen in der vorderen<br />

rechten Bildhälfte auf das äußerste beunruhigt gezeigt haben sollen (vgl.<br />

von Maur 1989: 68):<br />

„Für Dalí hatte das Bild programmatischen Charakter. Er bestand darauf,<br />

daß es keinen kategorialen Unterschied und keine moralischen Tabus geben<br />

durfte bei einer Malerei, die sich ganz dem psychischen Automatismus un-<br />

bewußter Assoziationen überläßt, wie es das Surrealistische Manifest ja ge-<br />

fordert hatte. Um so enttäuschter war er, daß auch Breton Bedenken hegte<br />

wegen der skatologischen Motive <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong>.“ (ebd.)<br />

Der Schock <strong>des</strong> zeitgenössischen Betrachters wird durch Dalis Gemälde<br />

noch dadurch ausgelöst, dass der Künstler Kot nun in einem Gemälde the-<br />

matisiert, welches – anders als etwa die französischen Karikaturen – eine<br />

zeitlosere und stärker materielle Wertigkeit besitzt.<br />

exKretIon<br />

Im Jahr 1917 reicht Marcel Duchamp unter dem Pseudonym Richard Mutt<br />

zur Ausstellung bei der Society of Independent Artists, zu deren Vorstand er<br />

selbst gehört, sein bei Mott Works, einer Firma für sanitäre Anlagen, gekauf-<br />

tes und mit R. Mutt signiertes Pissoirbecken Fountain/Fontaine, Brunnen ein<br />

(vgl. Molderings 1997: 100; Abb. 423). Hier rückt der körperliche Vorgang<br />

<strong>des</strong> Urinierens erstmals sprichwörtlich in greifbare nähe.<br />

„Fontäne war ein Urinierbecken […]. Zweifellos tauchte vor dem Inneren Auge<br />

<strong>des</strong> Hänge-Komitees der Society eine Fata Morgana von im Stehen urinierenden<br />

Männern und andere pikante Möglichkeiten auf, als sie damit konfrontiert<br />

wurden.“ (Mink 2001: 63f)<br />

Obwohl die Ausstellung gegen eine Beteiligung von sechs Dollar juryfrei<br />

konzipiert ist (vgl. Molderings 1997: 100-103), wird das Werk in der Ausstellung<br />

nicht gezeigt und auch im Katalog nicht erwähnt. Herbert Molderings<br />

führt die Zurückweisung <strong>des</strong> ‚Brunnens’ auf zwei Faktoren zurück:<br />

Die einen hätten behauptet, er sei unmoralisch und vulgär, die anderen<br />

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