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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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FrAgmentIerung <strong>des</strong> Körpers<br />

lebensgroße Puppe, 1934 bringt er zehn Schwarzweißfotografien mit einem<br />

vorangestellten Text heraus, der seine Überlegungen zur anagrammatischen<br />

Methode der neuordnung darlegt:<br />

„Die Ausführungen zur Idee <strong>des</strong> Zerlegens und erneuten Zusammensetzens<br />

einer Figur mit Ergebnissen, die das gewohnte Sehen überraschen,<br />

wurden von den Posen der Photoserie perfekt begleitet, das heißt: Photos<br />

und Text gehörten untrennbar zusammen. Im Jahr darauf, 1935, machte ihn<br />

die Publikation von 18 Photografien in der renommierten Kunstzeitschrift<br />

Minotaure, dem Sprachrohr der Surrealisten in Paris, in der Kunstwelt berühmt:<br />

Auf einer Doppelseite wurden seine Arbeiten unter dem Titel Poupée,<br />

Variations sur le Montage d´une Mineure articulée (Puppe, Variationen über<br />

die Montage einer gegliederten Geringfügigkeit) präsentiert. Darüber ergab<br />

sich noch vor Bellmers Umzug nach Paris der erste Kontakt zu den Surrealisten.“<br />

(Schneede 2002: 41f)<br />

Bellmers anatomische Fragmente erinnern an einen weiblichen Körper,<br />

wenn auch nicht in einem naturalistischen Sinne. Die Verneinung <strong>des</strong> klassischen<br />

Körperideals ist, so Anja Zimmermann, dennoch vorhanden, denn<br />

die Puppe evoziere den abjekten Körper durch ihre anti-klassische Inszenierung,<br />

die beispielsweise eine Unterscheidung zwischen Figur, d.h. Selbst und<br />

Außen, d.h. Anderem oder auch Belebtem und Unbelebtem nicht mehr zulasse (vgl.<br />

Zimmermann 2001: 38-40). Auf dieser Grundlage wurden und werden die<br />

Arbeiten Bellmers als „skandalös“ (ebd. 46) beschrieben und im Diskurs<br />

abjekter Kunst thematisiert.<br />

II.4.2 Zeitgenössische Kunst<br />

Die genannten Beispiele <strong>des</strong> Surrealismus verweisen bereits auf Werkinhalte<br />

und Entwicklungen zeitgenössischer Kunst. Hier finden sich zum einen<br />

Fragmentierungen und neufragmentierungen von Körperteilen durch<br />

künstliche Körperteile (als Zitate zu den Fragmentierungen von Puppen<br />

wie bei Umbro, Rohde und Bellmer), zum anderen wird organisches bzw.<br />

scheinbar organisches Material verwendet (in der nachfolge Buñuels und<br />

Dalis). Die Selbstverwundung in Form physischer und mentaler Verletzungen<br />

<strong>des</strong> Künstlers – bislang noch rein malerisch umgesetzt und niemals Teil<br />

einer geplanten, künstlerischen Aktion (van Gogh, Kahlo) – wird selbst zur<br />

Kunst. Hier sind Leben und Kunst nicht länger getrennt. Auch die wissenschaftlich<br />

anmutende Körperforschung, die im Andalusischen Hund eben-<br />

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