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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Im Fin de siècle wird der einstige „Triumph <strong>des</strong> To<strong>des</strong>“, welcher in der<br />

<strong>Ikonografie</strong> <strong>des</strong> 14. bis 16. Jahrhunderts Bedeutung hat und die kollektive<br />

Macht <strong>des</strong> To<strong>des</strong> über die persönliche Auseinandersetzung hinaus visua-<br />

lisiert (vgl. ebd. 151f), zu einem ‚Triumph <strong>des</strong> Menschen’ über den Tod<br />

umgedeutet, indem sich der Mensch dem Tod freiwillig hingibt (Munch,<br />

Rops), ihn ästhetisiert darstellt oder seine Absurdität und Widerna-<br />

türlichkeit ironisch zum Ausdruck bringt (Klinger). Erst zu Beginn <strong>des</strong><br />

20. Jahrhunderts negativiert sich die Vorstellung von Tod erneut. In den<br />

Darstellungen <strong>des</strong> Ersten und Zweiten Weltkriegs wird der Mensch oftmals<br />

nur noch als Kanonenfutter der sich bekämpfenden Mächte gezeigt (Geor-<br />

ge Grosz, Max Beckmann, Otto Dix, Pablo Picasso). So wundert es nicht,<br />

dass sich der tote Körper <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts in der Folgezeit zu einem<br />

bedeutungslosen Kadaver weiterentwickelt (Francis Bacon).<br />

Philippe Aries zufolge solle der Tod dem Bösen, mit dem er in allen Glau-<br />

benslehren immer verschwistert war, folgen und seinerseits verschwinden,<br />

er aber bestehe weiter und weiche keinen Schritt zurück. Sein hartnäckiges<br />

Fortdauern erscheine daher als Skandal, angesichts <strong>des</strong>sen man heute die<br />

Wahl zwischen zwei Haltungen habe: die eine sei die <strong>des</strong> Verschweigens,<br />

das darauf hinauslaufen würde, so zu tun, als gäbe es ihn gar nicht, in-<br />

dem man ihn aus dem Alltagsleben verbanne. Die andere sei die, ihn als<br />

technische Gegebenheit zu akzeptieren, ihn aber auf eine beliebige, ebenso<br />

bedeutungslose wie unumgängliche Sache zu reduzieren (vgl. ebd. 758).<br />

Bei<strong>des</strong> tun alle hier vorgestellten zeitgenössischen Künstler, im Gegensatz<br />

zu unserer Gesellschaft, mitnichten.<br />

verwesender leIchnAm<br />

Auch in der zeitgenössischen Kunst werden verschiedenste Motive durch<br />

den Tod vorgegeben. Die Vielgestaltigkeit <strong>des</strong> To<strong>des</strong> in der Kunst bleibt<br />

dementsprechend erhalten. Dass das Bildmotiv einer Leiche in der zeit-<br />

genössischen Kunst ein Tabu berührt, da es im Missverhältnis zu un-<br />

seren heutigen Totenriten steht, verdeutlichen die Fotografien von Jeffrey<br />

Silverthorne, Andres Serrano, Hans Danuser und Boris nieslony eindring-<br />

lich. Interessant erscheint, dass alle vier Künstler in Kulturräumen leben,<br />

die heute nahezu genau mit der Verdrängung bzw. Banalisierung <strong>des</strong> To<strong>des</strong><br />

zusammen fallen. 52 Schon Aries stellte bei seiner kunstgeschichtlichen<br />

Untersuchung der To<strong>des</strong>ikonografie fest, dass die makabre <strong>Ikonografie</strong><br />

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