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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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sind: an zwei Abenden stellt sie einhundert Frauen zwischen 16 und 65<br />

Jahren bis auf die Strumpfhose entblößt in die Berliner nationalgalerie<br />

(Abb. 28). Gerade die Unvollkommenheit dieser zum Teil alten, zum Teil<br />

auch fülligen Körper, lässt die Frauen verletzlich und weich erscheinen.<br />

Diese Weichheit wird in dem Moment noch einmal gesteigert, indem sich<br />

das starre Gefüge der stehenden Masse auflöst, weil sich die Teilnehmerin-<br />

nen nicht länger auf den Beinen halten können:<br />

„Drei Stunden stehen, und das Bild in der Mitte <strong>des</strong> Raumes lebt. Einige<br />

der Frauen sitzen längst, oder sie hocken. Manche liegen auf dem Bauch,<br />

strecken ihren Körper zur Entspannung auf dem Boden aus. […] [D]die<br />

Erschöpfung macht sie noch weicher, angreifbarer.“ (Ahrens 2005: 23)<br />

Beecrofts Blick auf die Frauen bleibt distanziert, auch wenn sie dem ‚nor-<br />

malen Körper’ und damit der ‚normalen Frau’ die Plattform für einen öf-<br />

fentlichen Auftritt gibt. In einem Interview mit dem Tagesspiegel sagt<br />

Beecroft, nacktheit würde ihr Angst machen (vgl. Ahrens 2005: 23). Diese<br />

Ängste inszeniert die Künstlerin in ihren Performances immer wieder als<br />

leben<strong>des</strong> Kunst-Bild. In der Performance VB55 zeigt sie erstmals auch die<br />

Körper älterer Frauen. Es scheint gut möglich, dass die Künstlerin hier<br />

auch die Angst vor ihrem eigenen Verfall thematisiert. Dann jedoch tut sie<br />

es zaghaft, mischt dem Gesamtbild nur wenige ältere Frauen bei. 65 Jahre ist<br />

die Altersobergrenze. Es bleibt die Frage, ob Vanessa Beecroft aus konzep-<br />

tionellen oder ästhetischen Gesichtspunkten nur bis zu diesem Alter ge-<br />

castet hat, oder ob sich ältere Frauen von sich aus nicht (zu-)getraut haben,<br />

an dieser Kunstaktion teilzunehmen.<br />

II.1.2.2 Liz Smoking: 27 Melanie Manchot, Manabu<br />

Yamanaka, Andres Serrano, Richard Billingham<br />

„Das Werk ist der düstere Zwilling <strong>des</strong> Menschen.“<br />

(William Faulkner)<br />

Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass der <strong>Ekel</strong> vor der eigenen<br />

Mutter in problematischen Eltern-Kind-Verhältnissen ein tiefer Teil der<br />

Persönlichkeit <strong>des</strong> Menschen ist, 28 der spätestens in Fragen der gesundheit-<br />

lichen Pflege der Eltern aufbricht. Auch Alan Poesener stellt heraus, dass<br />

die Beziehung zur Mutter die intimste und problematischste der menschli-<br />

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