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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Perniola 1998[b]: 26ff). Doch selbst die Extremperformances der Wiener<br />

Aktionisten sind keine Suizidversuche gewesen; es hat sich bei allen Aktivi-<br />

täten immer um choreographierte Gewalt gehandelt und alle anderen In-<br />

terpretationen sind nur auf Mythenbildungen zurückzuführen (vgl. Drühl<br />

2001[b]: 74). Was in Bezug auf die Aktivitäten der Wiener Aktionisten bis<br />

heute ebenso strittig ist wie die Existenz eines John Fare und der ihm nach-<br />

gesagten Autoamputationen, erprobt Marina Abramović definitiv, als sie<br />

sich in der Performance Rhythm 0 ihrem Publikum völlig ausliefert. Spätes-<br />

tens nach dieser Aktion im Jahr 1974 scheint keine weitere Entgrenzung<br />

mehr möglich. <strong>Ekel</strong>hafte organische Materialien treten in der zeitgenössi-<br />

schen Selbstverletzungskunst nur noch selten nach außen – die Künstler<br />

provozieren statt<strong>des</strong>sen zunehmend eine Reaktion <strong>des</strong> Rezipienten (Gor-<br />

don, Land). Peter Land tut dies, indem er den Betrachter an Scheitern,<br />

Demütigung und Verachtung teilnehmen lässt. Seine Provokation ist die<br />

schonungslose Aufrichtigkeit. Die schmerzhafte, blutige und ekelhafte<br />

Körperforschung weicht hier dem Thematisieren von Peinlichkeiten, die<br />

fast ebenso schwer zu ertragen sind.<br />

Die physiologische Körperforschung wird statt<strong>des</strong>sen in folgenden Gene-<br />

rationen durch mechanische/nanotechnologische (Stelarc), mekatronische<br />

(Antúnez Roca), medizinische (Orlan) und genetische Versuche (Aziz und<br />

Cucher, Chapmans, Piccinini) visualisiert:<br />

FrAgmentIerung <strong>des</strong> Körpers<br />

Die Werke im Kapitel Cyberpunk transformieren den Körper, erweitern sei-<br />

ne Körperfunktionen durch Technik (Stelarc, Antúnez Roca) oder Medizin<br />

(Orlan). Stelarc stellt diesen Experimenten ekelhafte Körperforschungen<br />

zu den natürlichen Gegebenheiten <strong>des</strong> Körpers und seiner Funktionen<br />

voran, während Orlan bis heute alle ekelhaften Details ihrer Schönheits-<br />

operationen ausstellt, bei denen Innen und Außen zwangsläufig ineinander<br />

fallen. Das Kapitel DNA Mutation zeigt schließlich entmenschlichte Kör-<br />

perfragmente, wie sie durch biogenetische Forschung oder Cloningexperi-<br />

mente entstanden sein können. <strong>Ekel</strong> entsteht hier durch ethische Bedenken<br />

an diesen Praktiken, die zudem offensichtlich nicht erfolgreich verlaufen<br />

sind, wie durch entfremdete Körperlichkeiten, die bei Aziz und Cucher<br />

durch den Eindruck von Isolation und nihilismus heraufbeschworen werden,<br />

bei den Chapmans durch die Transformation der Körperöffnungen<br />

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