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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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FrAgmentIerung <strong>des</strong> Körpers<br />

Der geköpfte Johannes ist hier das Opfer. Domenichino stellt den Kopf<br />

<strong>des</strong> Täufers in einer so genannten Johannesschüssel daher in einer edlen<br />

Anmutung und mit einem Aussehen dar, welches an Jesus selbst erinnert<br />

und von „verklärtem Leiden“ (Lang 2001: 143) geprägt ist. Zusätzlich um-<br />

gibt eine Art Heiligenschein das Haupt <strong>des</strong> Toten (Abb. 241, undatiert).<br />

Wie Sabine Poeschel herausstellt, steht das Enthaupten – selbst wenn es als<br />

vergleichsweise gnadenvolle Fragmentierung gilt – für die völlige Vernich-<br />

tung <strong>des</strong> Fein<strong>des</strong>. So wird David meist nach der Tat mit dem abgeschla-<br />

genen und vom Stein gezeichneten Kopf Goliaths gezeigt, <strong>des</strong>sen Größe<br />

und Schutz durch den Helm die übernatürliche Leistung <strong>des</strong> nur mit dem<br />

Hirtengewand bekleideten Jungen verdeutliche (vgl. Poeschel 2005: 79).<br />

Am ekelhaftesten aller Daviddarstellungen erscheinen die Werke von<br />

Michelangelo Caravaggio (z. B. Abb. 242, David mit dem Haupte Goliaths,<br />

1610) weil der Kopf <strong>des</strong> Goliath hier nicht als nahezu ‚klinischer’ bzw.<br />

‚trockener’ Kopfstumpen, sondern wie frisch vom Körper abgerissen er-<br />

scheint. Blutige Hautfetzen und Adern verweisen sowohl auf das ekelhafte<br />

Körperinnere <strong>des</strong> Riesen, als auch auf die Brutalität der Zerstückelung und<br />

damit die Übermacht <strong>des</strong> viel kleineren Helden. Aber auch Michelangelo<br />

wählt in der Sixtinischen Kapelle eine extrem brutale Darstellung <strong>des</strong> un-<br />

gleichen Kampfes (Abb. 243, 1535-1541). nach Sabine Poeschel lebt Goliath<br />

hier noch und versucht, sich aufzurichten, wird aber in diesem Moment von<br />

dem wesentlich kleineren David geköpft (vgl. ebd.).<br />

neben dem Mut <strong>des</strong> David und dem ungewöhnlichen Gottvertrauen, welches<br />

ihn auszeichnet, werde die in der Bibel erwähnte Schönheit Davids<br />

ebenfalls zum Thema der Darstellungen (vgl. ebd. 79f). Dies zeigt sich insbesondere<br />

in Donatellos und in Michelangelos Skulpturen <strong>des</strong> David: Goliaths<br />

abgeschlagener Kopf dient in Donatellos David lediglich als Po<strong>des</strong>t<br />

oder Trittleiter für den Helden, Michelangelo verzichtet bei der Darstellung<br />

seines David gänzlich auf diesen (Abb. 244, David, Donatello, um 1430;<br />

vgl. auch David, Michelangelo, 1501-1504). 91 Die beiden Darstellungen<br />

unterstreichen die Schönheit <strong>des</strong> Helden und entwickeln darüber hinaus<br />

die Idee weiter, dass Goliath nicht für würdig erachtet wird, sein Gesicht<br />

zu zeigen. Wird es in zahlreichen anderen Kunstwerken entweder in den<br />

Boden gedrückt abgebildet oder ist vom Betrachter abgewendet, erhöht<br />

Donatello den Ausdruck <strong>des</strong> Triumphes mit einem Tritt auf den Kopf <strong>des</strong><br />

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