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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Luca Giordano, um 1700).<br />

Tizian, Jusepe de Ribera, Antonio de Bellis und Luca Giordano zeigen den<br />

Satyr Marsyas als bocksbeiniges Mischwesen. nach Daniela Bohde konfrontiert<br />

Tizian den Betrachter ungewöhnlich direkt mit dem Anblick <strong>des</strong><br />

geschundenen Silens (Abb. 257). Hier sei nicht der triumphierende Apollo<br />

die Hauptperson, sondern der sterbende Marsyas (vgl. Bohde 2006: 136).<br />

Marsyas ist in der Bildmitte kopfüber an einen Baum gebunden und von<br />

sechs anderen Figuren umringt. Apollo selbst ist daran beteiligt, dem Verlierer<br />

der Wette die Haut vom Körper abzuziehen (linker unterer Bildrand);<br />

in der antiken <strong>Ikonografie</strong> war er lediglich als Anordner oder Zuschauer<br />

abgebildet (vgl. ebd. 139). Nach Daniela Bohde erlaubt es Tizians fleckiger<br />

Farbauftrag dem Betrachter, tief in die Farbschichten hineinzublicken und<br />

so – Apollo gleich – in den Körper <strong>des</strong> Silens einzudringen. Gleichzeitig<br />

treffe ihn allerdings der Blick <strong>des</strong> Marsyas’, sodass die Rollen von Betrachter<br />

und Betrachtetem zu oszillieren beginnen würden. Zudem werde die<br />

malerische Illusion aufgrund <strong>des</strong> Farbauftrags brüchig und habe zahlreiche<br />

Irritationen und Missinterpretationen seitens der Forschungsgeschichte<br />

provoziert. Da es nicht gelingt, zwischen den Fasern von Marsyas’ Brust<br />

und Tizians Aufbau der Farbschichten zu unterscheiden (vgl. ebd. 136),<br />

gelingt es Tizian – bewusst oder unbewusst – den Betrachter sozusagen in<br />

den Körper <strong>des</strong> Marsyas vordringen zu lassen und damit die Sinneswahrnehmung<br />

<strong>des</strong> Gezeigten – einschließlich seiner <strong>Ekel</strong>empfindung – zu verstärken.<br />

Im Gegensatz dazu zeigt Bellis’ Gemälde den Gewinner <strong>des</strong> Wettstreits<br />

Apollo, während er den linken Arm <strong>des</strong> Marsyas häutet. Die in zwei Streifen<br />

abgezogene Haut geht optisch nahezu in das Stück Stoff über, welches<br />

Apollos Lenden verhüllt. So entsteht in der Bildmitte eine Art Ornament,<br />

Abb. 258 Abb. 259<br />

FrAgmentIerung <strong>des</strong> Körpers<br />

291

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