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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Viele sexuelle Spielarten werden noch heute als ekelhaft und pervers abge-<br />

wertet, selbst wenn sie zwischen Volljährigen und aus freiem Willen statt-<br />

finden. Die Toleranz wird zwar im Verlauf der Jahrhunderte größer und vor<br />

allem die Nacktheit gilt nicht länger als Tabu – trotzdem wird häufig auch<br />

in unserer Gesellschaft die Ausklammerung von Sexualität (Pornografie)<br />

aus der Kunst gefordert, wie das Beispiel um den Museumsdirektor Dennis<br />

Barrie verdeutlicht, der aufgrund einer Präsentation <strong>des</strong> Werkes von Robert<br />

Mapplethorpe die ‚gesellschaftlichen Übereinkünfte’ gebrochen haben soll<br />

(vgl. II.5.2.2). Lediglich die erotische Darstellung findet unbestritten Platz<br />

in der bildenden Kunst.<br />

Sucht man in der Kunstgeschichte nach Werken, die ein Gros der Men-<br />

schen als „pervers“/„ungeordnet“ (Kolnai) oder „unzüchtig“ (de Sade)<br />

bezeichnen würde, findet man Nacktheit, Erotisches oder Sexuelles in al-<br />

ler Regel lediglich in Form von Legenden oder Mythen versinnbildlicht.<br />

Sexuelle Praktiken hingegen, die noch heute durch eine Vielzahl von Tabus<br />

belegt sind und daher als ekelhaft gelten, können eigentlich erst heute dar-<br />

gestellt werden. Vor Beginn <strong>des</strong> Christentums gab es keinen Anlass zu ihrer<br />

Thematisierung, die sexuellen Tabus entstanden überhaupt erst durch die<br />

Herrschaft der christlichen Kirche. In der Folgezeit verhinderte die Inquisi-<br />

tion die Darstellung von ‚Vulgärem’.<br />

In der Renaissance sind die negativen Gefühle der Moral und Scham be-<br />

reits soweit implementiert, dass die sexuelle Darstellung vorwiegend dann<br />

erfolgt, wenn sie das Interesse einzelner Künstler darstellt bzw. aristokra-<br />

tische Auftraggeber dazu auffordern. Ihre Visualisierung bleibt jedoch für<br />

lange Jahrhunderte in mythologische Geschichten oder sakrale Überliefe-<br />

rungen eingebunden. Eva Gesine Baur weist zu Recht auf die verschie-<br />

denen Darstellungsmuster hin, ohne die sich die Kunstgeschichte dieses<br />

Themas kaum entschlüsseln lässt (vgl. Baur 1995: 8f; siehe auch II.5.1.3).<br />

Diese Verschlüsselungen werden noch im Rokoko praktiziert, als bei Hofe<br />

ausschweifende sexuelle Praktiken ,an der Tagesordnung‘ sind. Lediglich in<br />

der Auftragskunst der Zeit finden sich zunehmend vulgäre, da rein dekora-<br />

tive Arbeiten (François Boucher).<br />

Abnorme sexuAlItät<br />

Seit dem 17. Jahrhundert wird Nacktheit immer häufiger gezeigt, doch erst<br />

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