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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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verwesender leIchnAm<br />

Geschäft <strong>des</strong> Tötens vollzieht sich mit kalter Präzision. Die dramatische<br />

Lichtführung steigert die Wirkung der Szene [...]. Im Vordergrund ist schon<br />

ein Opfer der Erschießung zu erkennen [...]. Im Zentrum <strong>des</strong> Bil<strong>des</strong> steht<br />

das nächste Erschießungsopfer. Mit den nach oben gestreckten Armen er-<br />

innert seine Haltung an den gekreuzigten Jesus, und tatsächlich sind auch<br />

Wundmale auf seinen Handflächen zu sehen.“ (ebd. 70)<br />

Durch den christlichen Bezug sprengt Goya den zeitgeschichtlichen Rah-<br />

men und regt auch nachfolgende Künstlergenerationen an, seine Kompo-<br />

sition weiter zu entwickeln, wie etwa Edouard Manet (vgl. Die Erschießung<br />

Kaiser Maximilians, 1867) oder Pablo Picasso (vgl. Massaker in Korea, 1951).<br />

Während Goya sich in seinem Werk gegen Krieg in toto ausspricht, er-<br />

greift Eugène Delacroix gut fünfzehn Jahre später künstlerisch Partei für<br />

die Republik und den – im Sinne von res publica – erhofften Durchbruch<br />

der Freiheit. 41 In dem Gemälde Die Freiheit führt das Volk auf die Barrikaden<br />

(1830) führt diese die französische Trikolore (als Symbol für Liberté, Ega-<br />

lité und Fraternité) – auch über zahlreiche Leichen hinweg.<br />

II.2.1.6 Tod als Freund<br />

Anknüpfend an das Abbild <strong>des</strong> Toten im 16. Jahrhundert fertigen viele<br />

Künstler im 19. Jahrhundert – parallel zu jenen erschütternden Kriegs-<br />

szenen – zeitgleich auch Studien und Portraits toter Menschen an und mar-<br />

kieren damit quasi den Wendepunkt zum Fin de siècle (Abb. 69, Bildnis<br />

einer Frau nach dem Tode, William Sidney Mount, 19. Jh.; vgl. auch Rossini auf<br />

dem Totenbett, Gustave Doré, 1868). Das erneut aufkommende Interesse an<br />

der Darstellungs-/naturtreue <strong>des</strong> To<strong>des</strong> lässt ihn in anderen Werken mög-<br />

lichst naturalistisch nachstellen. So lässt John Everett Millais sein Model <strong>des</strong><br />

Bil<strong>des</strong> Ophelia (1851-1852) über Monate in einer Badewanne liegend posieren<br />

(vgl. Tate Britain o. J.: www.tate.org.uk). Bereits im 18. Jahrhundert war<br />

Ophelia, tragische Figur aus Shakespears Hamlet, in der bildenden Kunst<br />

omnipräsent. Während bislang jedoch ihre Verzweifelung und ihr Wahn-<br />

sinn über den Verlust ihres Vaters und <strong>des</strong> Geliebten bildlich dargestellt<br />

wurden, ist es nun ihr Ertrinkungstod im See.<br />

Wie Sven Drühl feststellt, ist der Tod nicht immer nur der Feind <strong>des</strong> Men-<br />

schen. Besonders im Kontext der Selbstbildnisse werde er vielfach als<br />

Freund und Feind zugleich präsentiert (vgl. Drühl 2001[a]: 63). Gerade die<br />

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