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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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setzt und verwickele sich so auch in eine Art Selbstverführung, indem sie<br />

das Interesse ihrer Tugend vertrete, zugleich aber das Spiel ihres Verführers<br />

mitspiele und weder in der einen noch in der anderen Weise mit sich selbst<br />

übereinstimmen könne. Diese Paradoxie <strong>des</strong> Co<strong>des</strong> werde zur Existenz-<br />

form schlechthin (vgl. Luhmann 1982: 131f). Seitdem bedürfe der weibliche<br />

Körper, das Ideal <strong>des</strong> Schönen, einer pausenlosen Mühe der Selbst-Insze-<br />

nierung, um nicht seiner innersten Tendenz zum Unreinlichen und <strong>Ekel</strong>-<br />

haften zu erliegen (vgl. Menninghaus 1999: 158). Interessanterweise haben<br />

Frauen das kulturelle Muster der patriarchalischen Gesellschaft lange Zeit<br />

übernommen und sogar selbst dazu beigetragen, Kategorien der Unmün-<br />

digkeit und Unterwerfung zu schaffen. Westliche Modernisierungstheorien,<br />

die signifikante Stadien der Entwicklung an der Stellung der Frau in einer<br />

Gesellschaft festmachen, werden heute als argumentativer Gradmesser vor<br />

allem dann angeführt, wenn andere (z. B. islamische) Kulturen abgeurteilt<br />

werden sollen.<br />

Dialektik II: Heilige Jungfrau kontra ekelhafte Hure<br />

Die Unterscheidung von heilig und profan ist nach Winfried Menninghaus<br />

der elementare Code der Erzeugung einer Heterogenität (vgl. Menning-<br />

haus 1999: 493). Mit dem dialektischen Bild der Frau, das zwischen idealer<br />

Schönheit, Schamhaftigkeit und Reinlichkeit auf der einen Seite und dem<br />

ekelhaften Weib auf der anderen Seite aufgespannt ist (vgl. Kant 1764: 61f),<br />

wird eine grundsätzlich gegebene Unterscheidungsmöglichkeit jedoch nur<br />

vorgetäuscht, da sie offensichtlich mit der Dialektik zwischen Mann und<br />

Frau konkurriert. Insofern werden jene positiven Tugenden pauschal fast<br />

jeder ‚normalen Frau’ abgesprochen, allen voran die (heilige) Jungfräulich-<br />

keit.<br />

„Ästhetik ist insofern die Fortsetzung der Hexenprozesse mit anderen Mit-<br />

teln – übrigens etwa um die gleiche Zeit, in denen reguläre Hexenprozesse<br />

im aufgeklärten Europa endlich begannen der Vergangenheit anzugehören.“<br />

(Menninghaus 1999: 143)<br />

Da die Sexualität als Inbegriff körperlicher Praxis und seit dem Spätmit-<br />

telalter als Quelle allen Übels gilt, wird mit Evas Sündenfall dieses Übel<br />

lange Jahrhunderte ausschließlich der Frau angelastet, so formuliert es Karl<br />

Guthke übergreifend (vgl. Guthke 1998: 72). Denn obwohl Gott Adam<br />

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