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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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verwesender leIchnAm<br />

Auch die Arbeit der Künstlerin und Forensikerin Teresa Margolles ist von<br />

To<strong>des</strong>themen durchdrungen:<br />

„Ihre früheren Aktionen in Erinnerung, hatten wir, als wir die ACE be-<br />

traten, Angst, dass Margolles uns irgendein schreckliches Beweisstück ins<br />

Gesicht schleudern würde – etwa die blutgetränkten Kleider von Kindern,<br />

die von einem Auto überfahren worden waren, die einbalsamierte Zunge<br />

eines Punk-Kids, <strong>des</strong>sen Familie sich auch nicht die allereinfachste Form der<br />

Bestattung leisten konnte, oder der unerträgliche Anblick eines mit mensch-<br />

lichen Eingeweiden aufgepolsterten Sofas. Doch die Galerie war nackt, oder<br />

vielmehr angefüllt mit jenem nebel, der einen leicht industriellen, bitteren<br />

Geschmack hatte.“ (Medina 2002: 163)<br />

noch bevor das MMK im Jahr 2004 die große Werkübersicht Muerte sin fin<br />

der Künstlerin zeigt, stellt sie die Rauminstallation Vaporización/Verdampfung<br />

in der Ausstellung Zebra Crossing 2002 in Berlin aus (Abb. 102, 2001). 51 Die<br />

Installation ist begehbar, der Raum komplett weiß gestrichen. neben einem<br />

Kondensationsgerät und einigen grellleuchtenden Industrielampen bilden<br />

ein Stuhl und ein Stück rutschfester Teppich das einzige Mobiliar. Der<br />

Raum selbst wirkt von außen wie innen nebelig, die Luft ist warm, staubig,<br />

süßlich, schmeckt leicht angeschmort und faulig, am Boden sammelt sich<br />

etwas Kondenswasser in kleinen Pfützen, Erkundungen <strong>des</strong> Raumes hinterlassen<br />

wässrige Fußabdrücke. Doch kaum ein Ausstellungsbesucher befindet<br />

sich in dem Raum, die meisten Rezipienten bleiben davor am<br />

durchsichtigen Gummivorhang stehen und unternehmen den Versuch, die<br />

Installation ausschließlich visuell zu erforschen. Denn am Eingang hat die<br />

Künstlerin ein Hinweisschild befestigt auf dem geschrieben steht, dass in<br />

dem Raum Wasser kondensiere, welches Gerichtsmediziner zum Waschen<br />

von Leichen benutzt hätten.<br />

„Dass das Wasser <strong>des</strong>infiziert und vaporisiert ist, spielt da kaum noch eine<br />

Rolle. Allein das Wissen um die Herkunft weckt <strong>Ekel</strong> – genau das Gefühl,<br />

mit dem die mexikanische Künstlerin spielt.“ (Meixner 2002: o. S.)<br />

Damit erzeugt die Künstlerin eine Vorerwartung, der nicht jeder Ausstellungsbesucher<br />

bereit ist, nachzugehen (Abb. 103, Eingang der Installation).<br />

Betritt man die Installation dennoch und widersetzt sich damit einem ersten<br />

Anflug von <strong>Ekel</strong>, ist es oftmals allein die Einbildungskraft <strong>des</strong> Betrachters,<br />

seine Imagination, die das Unvorstellbare in die Gegenwart bringt: Die<br />

Luft <strong>des</strong> Raumes erscheint schwer und das kondensierende Wasser zieht<br />

vermeintlich in die Lunge und alle offenen Hautporen ein, der Körper <strong>des</strong><br />

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