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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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die Autonomisierung <strong>des</strong> <strong>Ekel</strong>s in Ästhetik und Kunstsystem seit dieser<br />

Zeit verdeutlicht (vgl. ebd. 14f). Obwohl der Literaturwissenschaftler die<br />

Grundlegung der modernen Ästhetik im Verbot <strong>des</strong> <strong>Ekel</strong>haften ansiedelt,<br />

lasse eine genaue Lektüre der ‚klassischen’ ästhetischen Theorien schon da-<br />

mals Rückschlüsse auf die unerhört komplizierten Beziehungen zwischen<br />

<strong>Ekel</strong> und ästhetischem Gefallen zu (vgl. ebd. 15). Insofern stellt Winfried<br />

Menninghaus fest, dass seine chronologisch angelegte Untersuchung keine<br />

Aussagen auf eine lineare Entwicklung <strong>des</strong> Fortschritts oder <strong>des</strong> Veralterns<br />

der Erkenntnisse ermöglicht:<br />

„Auffällig ist vielmehr, wie relativ verschleißfest gerade die ersten expliziten<br />

Theoretisierungen <strong>des</strong> <strong>Ekel</strong>s fortbestehen.“ (ebd. 14)<br />

Auf diese Weise machen die Autoren – vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen<br />

Fachdisziplin – teils konträre Aussagen zum Kunstverständnis ihrer Zeit, zei-<br />

gen vor allem aber kollektive ‚Trends’ auf, was zeitgenössisch als besonders<br />

ekelhaft erlebt wird. So brandmarken die klassischen Ästhetiker zwischen<br />

1740 und 1790 vor allem die ‚deformierte’ Körperform durch Körperfalten<br />

und (weibliche) Alterungsprozesse als besonders ekelhaft (vgl. ebd. 39-188).<br />

Wie Menninghaus belegt, stellen einzelne Schriften der Folgezeit unterschied-<br />

liche Phänomene <strong>des</strong> <strong>Ekel</strong>s in den Fokus. Mitte <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts be-<br />

schreibt Karl Rosenkranz Verwesung und Körperausscheidung als besonders<br />

ekelhaft (vgl. ebd. 204-207), nietzsche in den 1880er Jahren den Lebensekel<br />

sowie Verdauungsprozesse (vgl. ebd. 225-260). Für die Jahrhundertwende<br />

<strong>des</strong> 19./20. Jahrhunderts kann Menninghaus dann einen kollektiven Fokus<br />

auf die Sexualität nachweisen, der durch die Veröffentlichungen Sigmund<br />

Freuds bestimmt ist (vgl. ebd. 275-332). Seit dem 20. Jahrhundert liegt die-<br />

ser Fokus zunehmend auf sozialen Umständen/Ausgrenzungen/Vorurtei-<br />

len (vgl. ebd. 485-567).<br />

eInleItung<br />

nach wie vor beschäftigen sich verschiedene Fachbereiche mit dem <strong>Ekel</strong>-<br />

phänomen. Mit einer empirisch-psychologischen Aufsatzserie von Paul<br />

Rozin in den 1980er und 1990er Jahren, William Ian Millers rechtswissen-<br />

schaftlicher Veröffentlichung The Anatomy of Disgust (1997) und Winfried<br />

Menninghaus’ <strong>Ekel</strong> – Theorie und Geschichte einer starken Empfindung (1999)<br />

entstehen jedoch – nach Kolnais Phänomenologie aus dem Jahr 1929 – erst<br />

in der aktuellen Auseinandersetzung wissenschaftliche Veröffentlichungen,<br />

15

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