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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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exKretIon<br />

II.6 ExKRETIoN<br />

„Das <strong>Ekel</strong>hafte als ein Produkt der Natur, Schweiß, Schleim, Kot, Geschwüre u. dgl., ist ein Totes,<br />

was der Organismus von sich ausscheidet und damit der Verwesung übergibt.“<br />

(Karl Rosenkranz)<br />

Der Europäer lernt bereits im Kin<strong>des</strong>alter, dass Exkremente als ekelhaft<br />

gelten und mit zahlreichen Tabus belegt sind. Jean Clair weist darauf hin,<br />

dass das Kosten der eigenen Exkremente die erste Abgrenzung bedeutet<br />

zwischen dem eigenen Körper und dem, was nicht der eigene Körper ist<br />

(vgl. Clair 2004: 23).<br />

Die maßgeblichen Ursachen für den durch Fäkalien ausgelösten <strong>Ekel</strong> beste-<br />

hen zum einen in deren Geruch, zum anderen in der Vorstellung der Auf-<br />

lösung einer konkreten (lebendigen) Materie in tote Substanz. nach Aurel<br />

Kolnai sind Kot und Harn Begleiterscheinungen der Lebensvorgänge, bei denen ihr<br />

Abfall-Charakter den <strong>Ekel</strong> forcieren würde (vgl. Kolnai 1929: 141). Darüber<br />

hinaus werden Exkremente durch Anus und Genitalien abgesondert, durch<br />

Körperbereiche, die seit jeher als maximal unästhetisch gelten. 117<br />

Auch Körpersekrete werden nicht erst seit dem Aufkommen von Kontami-<br />

nationsideen geleugnet. Das Sekret der eiternden Wunde widerspricht nicht<br />

nur einer glatten, einheitlichen Oberfläche, sondern kehrt das Innere <strong>des</strong><br />

Körpers nach außen. Bereits mehrfach wurde auf dieses Tabu der ästheti-<br />

schen Theorie hingewiesen (vgl. Menninghaus 1999: 82). Obwohl Sekrete<br />

sich von dem deutlichen Fäulniskreis der Exkremente entfernen und auch<br />

die Rolle <strong>des</strong> Geruchs weniger ausgeprägt ist, handelt es sich nach Kolnai<br />

auch bei ihnen um substanziell absterben<strong>des</strong> Leben, vor allem aber ist ihnen<br />

die allgemeine <strong>Ekel</strong>haftigkeit <strong>des</strong> Klebrigen, Halbflüssigen, gleichsam zudringlich An-<br />

haftenden zu eigen (vgl. Kolnai 1929: 141). Schleim, Speichel, Wundsekret,<br />

Nasenausfluss – all diese Sekrete deuteten zusätzlich auf ein unerwünschtes<br />

„Lebensplus“ (ebd. 142):<br />

396<br />

„Die hier gedachten Stoffe (Schleim usw.) tragen, sofern sie sich zur Wahr-<br />

nehmung aufdrängen – welcher Umstand immer eine abnorme Lage bedeutet<br />

oder doch andeutet –, das Motiv eines ungehörigen Lebensplus in sich; – ein<br />

Plus, das naturgemäß auch wieder auf Absterben und Fäulnis, auf stinken-<br />

<strong>des</strong> Leben hindeutet.“ (ebd. 141f)

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