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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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schlussbetrAchtung<br />

III. SCHLUSSBETRACHTUNG<br />

„Das Wahre ist das <strong>Ekel</strong>hafte, das <strong>Ekel</strong>hafte ist das Wahre.“<br />

(Winfried Menninghaus)<br />

In der Antike werden neben reinen und makellosen Körpern in Genre-<br />

motiven der vetula, in Grotesken-, Bettler-, Säufer- und Krüppeldarstellungen<br />

gelegentlich auch Menschengruppen dargestellt, die als ekelhaft gelten. Der<br />

<strong>Ekel</strong> wird bereits zu dieser Zeit über ihren abscheulichen körperlichen Ver-<br />

fall oder die ‚abnormen’ Deformationen ihres Körpers hergeleitet, sodass<br />

in dieser Folge der ganze Mensch zu einem Anlass <strong>des</strong> <strong>Ekel</strong>s wird.<br />

In der Kunstgeschichte <strong>des</strong> Abendlan<strong>des</strong> zeigt die bildende Kunst zwar<br />

weiterhin das Vollkommene/Schöne, aber sie trägt zunehmend zur Morali-<br />

sierung bzw. zur Rechtfertigung von Herrschaft bei. Dabei geht die Kunst<br />

nicht selten den Weg der ekelhaften Darstellung, um den religiös oder welt-<br />

lich legitimierten Anspruch einerseits zu ‚belegen’ (Leiden Christi sowie<br />

weiterer Identifikationsfiguren, Bildnisse von Schlachten) und um anderer-<br />

seits unmoralische Handlungen, fremde Kulturen oder andere minderwertig<br />

erscheinende Personengruppen auszugrenzen. Wie Walther K. Lang fest-<br />

stellt, zeigt ein Blick auf die Geschichte unseres Kulturkreises, dass trotz<br />

der theoretischen Ächtung der Gewalt durch die christliche Ethik Kriege,<br />

Massaker und Torturen stets als begleitende Umstände der Zeit geduldet<br />

worden sind. nie habe es an Rechtfertigungen gemangelt, um die ethischen<br />

Gewaltverbote außer Kraft zu setzen und Andersdenkende, Anderssprechende,<br />

Andersempfindende zu quälen und zu töten (vgl. Lang 2001: 7).<br />

Die bildende Kunst ist über Jahrtausende dabei behilflich, das Gedankengut<br />

<strong>des</strong> Guten wie <strong>des</strong> Bösen in unmissverständlichen Bildnissen zu transportieren.<br />

Seit dem späten Mittelalter erreicht sie Letzteres, indem sie die<br />

vermeintliche <strong>Ekel</strong>haftigkeit <strong>des</strong> Anderen geradezu ausstellt, nicht nur ihr<br />

Missfallen an körperlichen Unterschieden betont, sondern durch den Werkkontext<br />

zunehmend auch moralische Unzulänglichkeiten <strong>des</strong> Anderen exponiert.<br />

Wie diese Arbeit vorführt, werden die Werke, in denen der Andere<br />

als Personifikation der negativ abweichenden Seite göttlicher Ordnung inszeniert<br />

wird, für die eigene Gesellschaft regelrecht ‚konstruiert’ und ihre<br />

Wahrhaftigkeit lange Zeit nicht in Frage gestellt.<br />

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