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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Die Verekelungstaktik der Kulturgeschichte ist für alle Randgruppen ähn-<br />

lich, soll aber am Beispiel <strong>des</strong> ethnisch Fremden kurz skizziert werden:<br />

Auch für die Verekelung <strong>des</strong> ethnisch Anderen werden physiognomische<br />

Gründe angeführt. So findet das Studium der Physiognomie <strong>des</strong> ethnisch<br />

Fremden im 18. Jahrhundert ihren vorläufigen Höhepunkt in der These,<br />

Unterschiede der Kopfformen und einzelner Gesichtszüge anderer Kul-<br />

turen ließen auf bestimmte (negative) Charaktereigenschaften schließen<br />

und spiegelten somit das Innere <strong>des</strong> Menschen in seinem Äußeren wider. Je<br />

moralisch besser ein Mensch erschien, umso schöner sollte er sein, je mora-<br />

lisch verdorbener, <strong>des</strong>to hässlicher. Das von Frila-Forkl benannte Interesse<br />

an den Türken „[…] ist wohl auf ihre Zugehörigkeit zum vermeintlichen<br />

Reich <strong>des</strong> Bösen zurückzuführen, das sie seit seiner ersten Belagerung<br />

Wiens im Jahre 1529 verkörperten. Die Mohren jedoch faszinierten durch<br />

ihre schwarze Haut.“ (ebd. 9)<br />

Tatsächlich entwirft eine Gesellschaft ihr <strong>Ekel</strong>muster <strong>des</strong> Fremden selbst.<br />

So spielten viele Reiseberichte, Gemälde und später auch Fotografien an-<br />

geblicher Wilder den Missionaren und den Anhängern <strong>des</strong> Kolonialismus<br />

angebliche Beweise in die Hände, die ihre These, dass weit entfernte Stam-<br />

mesvölker sich moralisch auf niederer Stufe befänden und daher mit Recht<br />

der Kontrolle zivilisierter Völker unterlägen, zu verifizieren schien. Mary<br />

Douglas weist in ihrer Untersuchung auf die charakteristischen Eigen-<br />

heiten der ‚primitiven Religionen’ hin, durch die sie sich im 19. Jahrhundert<br />

scheinbar en bloc von den großen Weltreligionen unterschieden hätten:<br />

„[…] [Z]um einen die Furcht, der sie ihre Entstehung verdankt haben sol-<br />

len, und zum anderen ihre unentwirrbare Verquickung mit Unreinem und<br />

Hygiene. Fast alle Berichte, die Missionare oder Reisende über primitive<br />

Religionen verfasst haben, kündigen von der Furcht, dem Schrecken oder<br />

Grauen, in denen die Anhänger dieser Religionen befangen sind […]. Und<br />

da sich Furcht hemmend auf die Vernunft auswirkt, kann sie auch für ande-<br />

re charakteristische Eigenheiten <strong>des</strong> primitiven Denkens, insbesondere für<br />

die Unreinheitsvorstellungen, verantwortlich gemacht werden.“ (Douglas<br />

1988: 11)<br />

der Andere<br />

Mit dem <strong>Ekel</strong> vor dem abnormen Körper <strong>des</strong> Fremden, vor Handlungen<br />

und Riten, aber auch vor bevorzugten Speisen und Körpergerüchen, die<br />

einer fremden Kultur unterstellt bzw. angedichtet werden, wird der Mensch<br />

dieser Kultur selbst zum <strong>Ekel</strong>objekt. Er kann sich auch auf Menschen der<br />

eigenen Kultur beziehen, wenn diese einer minderen sozialen Schicht an-<br />

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