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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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neurosen auseinanderzusetzen, indem diese ausgelebt werden (Freud). Wie<br />

auch in den Arbeiten von Cindy Sherman entsteht der Eindruck eines ge-<br />

wollten Wiederkäuens (eigener) Exkretionen. So verwundert es nicht, dass<br />

sich Hermann nitsch, Anna und Bernhard Blume zu den kathartischen<br />

Aspekten der Exkretionskunst bekennen und für Kiki Smith psychische<br />

Erfahrungen die Inspirationsquelle bilden.<br />

So wie sich die Merda d´artista vom artista emanzipiert (vgl. Bexte 2001: 12f),<br />

ist das Exkrement nicht länger zwangsläufig einem Subjekt zuzuordnen.<br />

Wim Delvoye führt mit seinem Werk cloaca vor, wie „Begleiterscheinungen<br />

der Lebensvorgänge“ (Kolnai 1929: 141) künstlich konstruiert werden. Damit<br />

führt er die Gedanken <strong>des</strong> Reliquienkultes und <strong>des</strong> Wiederkäuens für<br />

seine Kunst ad absurdum.<br />

Andere Exkretionen erlangen gerade durch die Subjektbestimmung eine<br />

neue, tief greifende Bedeutung. Während Andres Serrano dem Betrachter<br />

die Angst vor einer Aidskontamination durch Sperma und Blut nimmt, stellen<br />

Gilbert & George gerade diese Perspektive in den Vordergrund ihrer<br />

Kunst. Darüber hinaus verweisen ihre Blutbilder auf den Kontext der Genetik,<br />

wie auch das Blutportrait Self von Marc Quinn. Das Individuum wird<br />

durch die Aufbewahrung bzw. Dokumentation von Körperflüssigkeiten in<br />

Zukunft vielleicht reproduzierbar.<br />

nur sehr selten kann der zeitgenössischen Exkretionskunst das Prädikat<br />

‚schön’ zugesprochen werden, unabhängig davon, um welche Art von Ex-<br />

kretion es sich handelt. In Delvoyes Film Sibylle und der Körperfettarbeit<br />

von Teresa Margolles erscheinen die Exkretionen zunächst als etwas völlig<br />

anderes – und damit zunächst als nicht ekelhaft. Doch sobald der Rezipient<br />

in Erfahrung bringt, welches Motiv dargestellt ist (Delvoye) bzw. mit wel-<br />

chem Material (Margolles) hier gearbeitet wird, stellt sich alsbald die <strong>Ekel</strong>-<br />

empfindung ein. Wie Winfried Menninghaus richtig feststellt, lässt es sich<br />

daher auch in Hinblick auf die Exkretionskunst der Gegenwart kaum von<br />

einer ästhetisch-zivilationsgeschichtlichen Aufwertung <strong>des</strong> Körpers sprechen<br />

(vgl. Menninghaus 1999: 144).<br />

exKretIon<br />

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