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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Goyas Saturn wie Goliath ein Riese. Bereits der dunkle Hintergrund <strong>des</strong><br />

schwarzen Bil<strong>des</strong> verkündet Unheil. Wie vom Wahn getrieben, mit aufge-<br />

rissenen Augen und strähnigem Haar, krallt Saturn den Sohn mit seinen<br />

riesigen Händen fest, stopft den kleinen Körper in seinen großen Schlund.<br />

Kopf und rechter Arm sind bereits vom Körperrumpf abgetrennt. Goya<br />

zeigt den Krieg als Menschen verschlingenden unberechenbaren Dämon,<br />

der in der Vater-und-Sohn-Tragödie auch die Selbstzerfleischung eigenen<br />

Blutes nicht ausschließt.<br />

II.4.1.4 Selbst gebrochene Säulen<br />

FrAgmentIerung <strong>des</strong> Körpers<br />

Fälle von Selbstverletzungen sind in der Kunstgeschichte kaum dokumen-<br />

tiert. Es existiert jedoch die Sage der Amazonen, einem kämpferischen<br />

Frauenvolk, das sich angeblich zwecks besserer Bogenführung selbst die<br />

rechte Brust verstümmelt haben soll. Obwohl es viele Darstellungen der<br />

Amazonen gibt (nach dem netzwerk der Amazonenerforschung um den<br />

österreichischen Archäologen und Historiker Gerhard Pöllauer sollen die<br />

ersten Darstellungen bereits um 700 v. Chr. entstanden sein, vgl. netzwerk<br />

der Amazonenforschung o. J.: www.myrine.de), sind ihre Brustamputationen<br />

weder in Darstellungen der Antike, noch in den adaptierten Motiven<br />

<strong>des</strong> Barock versinnbildlicht (vgl. Amazonenschlacht auf einem Sarkophag,<br />

Thessaloniki, Mitte <strong>des</strong> 3. Jh.; vgl. auch Herkules im Kampf mit der Amazonenkönigin,<br />

Otto van Veen, ca. 1600 und Amazonenschlacht, Rubens, um 1617-<br />

1618). Wie Sabine Poeschel feststellt, liegt die Ursache für die Tragik der<br />

Amazonen in der (damals) ungewohnten Anmaßung der Frau, ihre Unabhängigkeit<br />

zu behalten, ihre Jungfräulichkeit zur Tugend zu erheben und<br />

schließlich sogar mit der Waffe gegen Männer zu kämpfen. Die Weiblichkeit<br />

der Kriegerinnen sei in Texten und Bildern auffallend betont worden, erschien<br />

aber unvereinbar mit dem Tragen und gar Anwenden von Kriegsgerät<br />

(vgl. Poeschel 2005: 325). So wurde die Legende der klassischen Mythologie<br />

vermutlich zu einer späteren Zeit um die angebliche Brustamputation<br />

erweitert. In der bildenden Kunst setzt sich die Legende der Brustamputation<br />

jedoch nicht durch:<br />

„Die Amazonen werden nach dem Vorbild der Antike durchgehend als junge<br />

Frauen mit halb oder ganz entblößter Brust und langen, im nacken geknoteten<br />

Haar gezeigt.“ (ebd. 325f)<br />

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