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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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eInleItung<br />

Die physische Reaktion auf den <strong>Ekel</strong>reiz ist beim Kunstbetrachter je-<br />

doch weniger stark als beim nicht-kunstbezogenen <strong>Ekel</strong>, denn obwohl<br />

auch bei der Kunstbetrachtung typische physische <strong>Ekel</strong>empfindungen<br />

auftreten können, führen diese, wie Werner Kübler richtig feststellt, nur<br />

selten zum Erbrechen (vgl. Kübler 2003: 22). Bereits Aurel Kolnai be-<br />

schreibt den visuell ausgelösten <strong>Ekel</strong> daher als angstähnlich; er sei mehr<br />

auf Schaudern als auf Erbrechen abgestimmt (vgl. Kolnai 1929: 123f).<br />

Darüber hinaus ist zu vermuten, dass der Grad der <strong>Ekel</strong>empfindung<br />

von der Detailgenauigkeit der Darstellung abhängig ist, physiologisch/<br />

organisch ‚naturgetreues’ daher immer stärkeren <strong>Ekel</strong> auslösen wird, als<br />

informelle, abstrakte Darstellungen. Auf diesen Punkt wird auch bei der<br />

Material- und Medienauswahl der Kunstwerke näher einzugehen sein.<br />

4)<br />

Die Ästhetik <strong>des</strong> Schönen erscheint heute als etwas Unnützes, wenn<br />

nicht gar Frivoles (vgl. Perniola 1998[b]: 9). Die Ursprungsbedeutung<br />

der Ästhetik als Verstärkung der sinnlichen Wahrnehmung wird mit Begreifen<br />

der Ästhetik als eines reinen Geschmacksurteils immer wieder<br />

verleugnet. Kunst soll lange Zeit eben nicht Ästhetik <strong>des</strong> Hässlichen oder<br />

Negation der schönen Form sein. Doch mit dem paradigmatischen Wandel<br />

in der Kunst zeigt sie nicht nur physisch, sondern auch moralisch <strong>Ekel</strong>haftes.<br />

nach Ansicht der Sozialanthropologin Mary Douglas werden Verunreinigungsvorstellungen<br />

gerne dann herangezogen, wenn andere moralische<br />

normierungen fehlen (vgl. Douglas 1988: 174). Diese postulieren<br />

sich seit jeher als physische, politische, soziale und moralische Aussagen<br />

auch in der bildenden Kunst. Abjekte Kunst kann insofern Zuschreibungen<br />

von <strong>Ekel</strong> und daran gekoppelte soziale Positionen durch Zitieren<br />

verschieben (vgl. Zimmermann 2003: 24). Dennoch gibt Anja<br />

Zimmermann zu bedenken, dass die Einfügung <strong>des</strong> Verworfenen ins<br />

Visuelle eine Kette von Bedeutungsverschiebungen in Gang setzt, die<br />

nicht kontrolliert werden kann und oft nicht mit den Intentionen der<br />

KünstlerInnen übereinstimmt. Die Bilder, die den Mechanismus der<br />

Verwerfung kritisch kommentieren sollen, werden so scheinbar Bestandteile<br />

affirmativer Praxis (vgl. ebd.).<br />

24

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