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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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vetulA<br />

willig zu Spielgefährtinnen Saudeks, würden sich erniedrigen, be- und ent-<br />

kleiden lassen und ihm helfen, seine geheimen Wünsche und Gelüste, eine<br />

Welt der süßen Sündhaftigkeit, der entbrannten Gefühle, der Zärtlich- und Sinnlichkeit,<br />

Schamlosigkeit, Scheu, Gewalt, Ergebenheit und Perversion auf Papier zu bannen.<br />

Der Lustgewinn für sie selbst sei dagegen vergleichsweise gering (vgl.<br />

Mrazkova o.J.: www.galerie-david.de). Damit kritisiert Mrazkova, dass sich<br />

die Frauen von Saudek ausnutzen lassen würden, was ihnen unter Umstän-<br />

den die Achtung <strong>des</strong> Rezipienten entzieht. Aurel Kolnai und Johann Glatzel<br />

gehen in ihren wissenschaftlichen Studien noch einen Schritt weiter. nach<br />

Glatzel erfasst uns <strong>Ekel</strong>, wenn sich das Unedle der Attribute <strong>des</strong> Edlen<br />

bedienen würde:<br />

„<strong>Ekel</strong>erregend ist der zahnlose Greis, der sich mit Schminke, Perücke und<br />

flotter Kleidung um das Ansehen blühender Jugend bemüht.“ (Glatzel 2003:<br />

50)<br />

Auch Kolnai ist der Meinung, dass durch das Geringe, welches sich eine<br />

bessere als die verdiente Bewertung erhofft – ‚hässliche’ Menschen sich<br />

folglich ‚unsachgemäß’ präsentieren – Verachtung ausgelöst würde. Diese<br />

Verachtung sei wiederum ein immenser <strong>Ekel</strong>auslöser:<br />

„Die Verachtung richtet sich [...] auf das Geringe, Unvornehme, Unfähige<br />

und Versagende: und zwar namentlich dann, wenn dasselbe doch Wertansprüche<br />

erhebt, eine günstige Beurteilung erkämpfen will, um die Gunst <strong>des</strong><br />

Subjektes buhlt.“ (Kolnai 1929: 166)<br />

Durch die Zurschaustellung ihrer unvorteilhaften Körper wäre die Unterstellung<br />

von Dummheit nach Mrazkova eine nahe liegende mögliche Folge<br />

der Bildinterpretation, ihre Verachtung im Sinne Kolnais und Glatzels –<br />

1929 wie heute – eine weitere.<br />

Darüber hinaus kann (moralischer) <strong>Ekel</strong> durch die formale Umgebung der<br />

Bilder als Werk-Serie ausgelöst werden, denn in der Masse lässt sich die<br />

Erotik als Beliebigkeit interpretieren. So ist es dann die Objekthaftigkeit der<br />

Erotik, die den Rezipienten durchaus mit (lustvollem?) <strong>Ekel</strong> erfüllen kann.<br />

Ein weiterer möglicher <strong>Ekel</strong>auslöser scheint in Jan Saudeks Künstlerpersönlichkeit<br />

zu liegen. Von einer Schweizer Ausstellungsbesucherin (die in<br />

der zitierten Publikation nicht namentlich genannt wird) ist bekannt, dass<br />

sie versucht hat, hinter Saudeks Motiven tiefenpsychologische Ursachen zu<br />

erkennen. Sie vermutete, diese „[…] schamlos zur Schau gestellten Hintern<br />

würden unseren Wunsch symbolisieren, in den Mutterleib zurückzukeh-<br />

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