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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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Als Folge der Globalisierung <strong>des</strong> Kunstmarktes öffnet sich der ikonogra-<br />

fische Katalog in der Gegenwartskunst vermehrt auch Kunstwerken aus<br />

anderen Kulturkreisen, insofern diese in unserer Gesellschaft ausgestellt<br />

werden. Dieses Vorgehen erscheint aus zwei Gründen erforderlich. Erstens<br />

werden diese Werke häufig nicht am Ort ihrer Herstellung gezeigt, da das<br />

Ausstellungssystem anders arbeitet oder die Werke schlichtweg zu system-<br />

kritisch sind. Zweitens wird gerade in Schwellenländern viel <strong>Ekel</strong>haftes<br />

produziert, wie sich zeigen wird.<br />

I.2.2.2 Der ekelhafte Körper<br />

Die Schnittmenge von <strong>Ekel</strong> und Kunst manifestiert sich in der Gegen-<br />

wartskunst maßgeblich in Darstellungen <strong>des</strong> Körpers. So weist Jean Clair in<br />

dem bereits zitierten Vortrag seine Zurschaustellung und Entweihung, die<br />

Verschandelung seiner Funktionen und Erscheinungen, Verstümmelungen,<br />

Selbstverstümmelungen, Körpersäfte usw. als besonders ekelhaft aus. Clair<br />

geht aber noch weiter, wenn er fragt:<br />

„[...] [W]as wissen wir schon von den Körpersäften, die wir hinter uns lassen,<br />

ohne uns eigentlich um sie zu kümmern? Haar und Dreck, Abfall, Scheiße<br />

sind die abstoßende Seite <strong>des</strong> Menschseins. Die Scheiße wird ausgeschieden,<br />

sie fällt und zerfließt. In welchen Kategorien soll man über Scheiße nach-<br />

denken?“ (Clair 2004: 15)<br />

eInleItung<br />

Offensichtlich ist das ‚nachdenken über Scheiße’ genau das, was die zeitge-<br />

nössische Kunst tut. Auch Anja Zimmermann stellt in Anlehnung an Julia<br />

Kristeva einen direkten Bezug zwischen Abject Art und der „[…] künstleri-<br />

schen Inszenierung ekelhafter Materialien und Körperzustände“ (Zimmermann<br />

2003: 14) her. nicht zuletzt die moralische Forderung an den Körper<br />

instituiert Scham und <strong>Ekel</strong> vor der Physis (vgl. Menninghaus 199: 238).<br />

Der Verfall <strong>des</strong> Körpers, sein Fleisch und seine Sekrete stellen daher eine<br />

besondere Herausforderung sowohl an die Kunstherstellung als auch die<br />

Kunstrezeption dar, wobei der Bezug zum Schönen, durch den diese ästhetischen<br />

Verwerfungen gelesen werden, hier keine Bedeutung mehr hat (vgl.<br />

Zimmermann 2003: 14). Die Kunst zerlegt den Körper immer weiter in seine<br />

Bestandteile, augenscheinlich fasziniert von den Ansichten <strong>des</strong> Körpers,<br />

wenn er aufgeschlitzt wird, umgestülpt daliegt und ausblutet.<br />

Die heutige <strong>Ekel</strong>diskussion wird aber nicht nur physisch, sondern auch vor<br />

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