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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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In der Folgezeit wird auch die Ohnmacht gegenüber Krankheiten oftmals<br />

den Frauen angelastet. nach Lepra und Pest wird die Syphilis gänzlich zu<br />

einem Problem der Moral gemacht und bereits mit dem ausgehenden Mittelalter,<br />

als der Zusammenhang zwischen der Existenz der Frauenhäuser<br />

(Bordelle) bzw. Ba<strong>des</strong>tuben und der Ausbreitung der Syphilis erkannt wird,<br />

zu einer von Frauen verschuldeten Seuche erklärt: 10<br />

„Männer waren es, die Syphilis zur Seuche machten, und Männer versahen<br />

sie mit dem Aspekt der Moral – der aber betraf die Frauen.“ (Köster-<br />

Lösche 1995: 55)<br />

noch 1850 schreibt der Wiener Arzt Peyerl in seinem Buch über Syphilis,<br />

dass das von Syphilis befallene Weib in der Mehrzahl der Fälle moralisch<br />

verdorben sei:<br />

„nach Dr. E. M. Peyerl waren die Männer die bedauernswerten Opfer; er<br />

repräsentierte mit dieser Haltung im großen und ganzen die Einstellung <strong>des</strong><br />

19. Jahrhunderts.“ (Köster-Lösche 1995: 54)<br />

Winfried Menninghaus zufolge ist die Vorherrschaft <strong>des</strong> Mannes erst in<br />

der neuzeitlichen Ästhetik <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts in Gefahr geraten, als nämlich<br />

ein Großteil der männlichen Ästhetiker den Vorrang ihres eigenen Geschlechts<br />

aufgegeben und dem Körper der Frau Zugeständnisse an ihre<br />

Schönheit gemacht hätten (in allen anderen Bereichen standen männliche<br />

Vorzüge und damit die Legitimation der hierarchischen Geschlechterbeziehungen<br />

weiterhin außer Frage). Insbesondere bei Lessing, Herder und<br />

Kant habe die Zahl weiblicher Schönheits-Paradigmen – selbstverständlich<br />

mit ‚jungfräulichen’ Formen – die der männlichen bei weitem überboten<br />

(vgl. Menninghaus 1999: 154-157). Diese Entwicklung verläuft, nach niklas<br />

Luhmann, zeitgleich einer Verselbständigung und Aufwertung <strong>des</strong> symbiotischen<br />

Mechanismus’ (sensu Gregory Bateson 1972) sowohl für Liebe, als auch für<br />

Sexualität in einer Art positiven oder negativen Sexologie (vgl. Luhmann<br />

1987: 338f). In seiner Schrift Liebe als Passion geht Luhmann nachdrücklich<br />

auf die Entwicklungen im 18. Jahrhundert ein. Die Bemühungen um eine<br />

Reform der Beziehungen zwischen den Geschlechtern, die in England um<br />

1685 beginnen und später auf Deutschland übergreifen, seien, so niklas<br />

Luhmann, mit Hilfe der Sittenproblematik in Gang gebracht worden. Der<br />

alte Doppellauf von Tugendlob und Satire werde bis zum Beginn der Romantik<br />

(nach Juli 1789) durch drastische Schilderungen <strong>des</strong> Sittenverfalls<br />

und konkrete Ausmalungen <strong>des</strong> Guten, Einfachen und nützlichen fortge-<br />

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