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Ekel. Ikonografie des Ausgeschlossenen. - Fotostudio Essen

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für das Selbst, sodass sich die Körper- und Leibkonstruktionen maßgeblich<br />

verändern. Während der Körper nun vorwiegend als materieller Träger <strong>des</strong><br />

immateriellen Geistes verstanden wird, sollen in weiteren Werken die As-<br />

pekte der Selbsterfahrung zwar zunächst veranschaulichen, dass Mensch<br />

und Körper untrennbar verbunden sind, wie Doris Schuhmacher-Chilla in<br />

Bezug auf das Werk Marina Abramovićs verdeutlicht (vgl. Schuhmacher-<br />

Chilla 1999: 131). Im Zuge der weiteren Darstellung <strong>des</strong> Körpers erscheint<br />

der Leib jedoch zunehmend auf eine amorphe Masse bzw. auf einen Hau-<br />

fen von Zellen reduziert (Piccinini), sodass alsbald die Codierung ‚Ver-<br />

schwinden <strong>des</strong> Körpers’/’Verlust <strong>des</strong> Körpers’ in der Kunstwissenschaft<br />

thematisierungswürdig wird (vgl. Schuhmacher-Chilla 2000: 7; vgl. auch<br />

Belting 2001: 87).<br />

FrAgmentIerung <strong>des</strong> Körpers<br />

Vor diesem theoretischen Hintergrund wundert es nicht, dass den Kunst-<br />

werken aus offensichtlich künstlich hergestellten Körperteilen in der Re-<br />

zeption aktueller Kunst keine <strong>Ekel</strong>wirkung nachgewiesen werden kann<br />

(z. B. Robert Gober). Hier ist die gedankliche Abstraktion um den Körper-<br />

diskurs durch den Betrachter bereits so weit fortgeschritten, dass ein Teil<br />

der Arbeiten zu humorvoll (Cindy Shermans Untitled #228), ein anderer<br />

Teil zu ästhetisiert, oberflächenbereinigt und zu weit entfernt von Hinwei-<br />

sen auf ein ekelhaftes Körperinneres erscheint (Marc Quinn, Anish Ka-<br />

poor, Untitled von Kiki Smith). Auch Hans Belting erklärt, dass der Körper<br />

im zunehmenden Maße durch die Erforschung in Biologie, Genetik und<br />

neurowissenschaften der symbolkräftigen Bildhaftigkeit entrückt werde<br />

(Belting 2001: 87). Gänzlich ekelhaft wirken heute insofern nur diejenigen<br />

Werke, die vermeintlich organisches Material verwenden. Dies machen insbesondere<br />

die Arbeiten von John Isaacs, Thomas Lehnerer, Jana Sterbak<br />

und Kiki Smiths Virgin Mary deutlich. Die Zerlegung <strong>des</strong> Leibes löst offensichtlich<br />

noch heute breite Betroffenheit aus, die nach Schuhmacher-Chilla<br />

zum einen auf die ‚Eroberung <strong>des</strong> Körpers’ (sensu Virilio 1994) verweise,<br />

genauso schlüssig aber auch als wieder aufkeimende Sehnsucht nach verloren<br />

gegangenen Bildern interpretiert werden könne (vgl. Schuhmacher-<br />

Chilla 1999: 126).<br />

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