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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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anderen nördlich der Nonnendammallee liegen sollte. Ein anderes Projekt sah den Bahnhof im<br />

Bereich der östlichen Motardstraße vor, und es waren 1939 auch bereits Verhandlungen mit der<br />

Stadt eingeleitet, <strong>die</strong> Motardstraße als öffentliche Straße aufzuheben und das Straßenland den<br />

Bahnzwecken zur Verfügung zu stellen. Eine vierte Überlegung schließlich versetzte den<br />

Bahnhof in <strong>die</strong> damaligen Spreewiesen zwischen Nonnendammallee und Spree westlich von<br />

Paulstern. Zu einer Entscheidung über den Standort <strong>des</strong> zu verlegenden Bahnhofes kam es<br />

trotzdem nicht.<br />

Die NS-Zeit war <strong>für</strong> weitreichende städtebauliche Planungen außerordentlich aufgeschlossen.<br />

Umfangreiche Projektierungen wurden in Angriff genommen, bereits vorliegende Entwürfe<br />

wurden umgearbeitet, dann mußten <strong>die</strong> einzelnen Projekte miteinander abgestimmt werden, da<br />

<strong>die</strong> eine Planung in <strong>die</strong> andere eingriff, dabei mußten auch schon beabsichtigte Ausführungen<br />

zurückgestellt werden. Daß finanzielle oder wirtschaftliche Überlegungen bei den Planverfassern<br />

eine Rolle gespielt haben, ist nicht ersichtlich. Nachdem man ein Jahrzehnt hindurch <strong>die</strong><br />

geplante Ringstraße mit der Güterbahn hatte überführen wollen, wurde 1938 gefordert:<br />

„Gemäß der Forderung <strong>des</strong> Generalbauinspektors <strong>für</strong> <strong>die</strong> Reichshauptstadt sind ... alle<br />

Eisenbahnen unter dem 4. Ring unterführt". Das erschwerte natürlich <strong>die</strong> gesamte Güterbahnplanung<br />

der Firma Siemens, denn <strong>die</strong> bisher berechneten Gra<strong>die</strong>nten waren nun wertlos. Noch<br />

einschneidender aber war ein 1938 aufgestellter Plan: der vierte Ring sollte nun östlich am<br />

Kraftwerk West, weiterhin östlich der Paulsternstraße und über den östlichen Teil der Insel<br />

Gartenfeld in Richtung Tegel verlaufen.<br />

Parallel zu dem vierten Ring war im Siemensstädter Bereich eine Eisenbahnstrecke vorgesehen,<br />

<strong>die</strong> von der Heerstraße nach Tegel führen und je zwei S-Bahn- und Güterbahngleise aufnehmen<br />

sollte. Die Linienführung war „hauptsächlich vom Generalbauinspektor bestimmt... und von<br />

Wehrmachtbelangen beeinflußt". Diese recht unbekümmerten Planungen brachten <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Projektierung <strong>des</strong> Siemens-Güterbahnhofs, aber auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> betroffenen städtischen Straßenbauentwürfe<br />

so viele Fragen, daß an eine Innehaltung <strong>des</strong> Räumungstermines Ende 1939 nicht<br />

mehr gedacht werden konnte. Der Polizeipräsident war daher damit einverstanden, in <strong>die</strong>ser<br />

Angelegenheit gesetzte Fristen „auf unbestimmte Zeit" zu verlängern. An <strong>die</strong>sen Planungen<br />

wurde auch noch in den ersten Kriegsjahren gearbeitet, an eine Ausführung war, selbst wenn<br />

<strong>die</strong> Planungen einen Abschluß gefunden hätten, nach Ausbruch <strong>des</strong> Krieges 1939 nicht mehr zu<br />

denken. NS-Planungen aus den Speerschen Büros kann man zwar als großzügig bezeichnen, es<br />

haftete ihnen aber auch Rücksichtslosigkeit an, denn sie zeigten wenig Einfühlung in vorhandene<br />

Stadtstrukturen und <strong>die</strong> Landschaft. Angelegt waren <strong>die</strong>se Planungen in einem Maßstab,<br />

der zu den tatsächlich bestehenden Notwendigkeiten häufig in keinem Verhältnis mehr stand.<br />

Nach Beendigung der Blockade wandte sich <strong>die</strong> Tiefbauverwaltung dem Ausbau schon bestehender<br />

bzw. neu herzustellender Straßenzüge zu. Das Notstands- oder „Garioa"-Programm<br />

brachte mit seinen Sondermitteln in den Jahren 1950 bis etwa 1957 <strong>die</strong> Möglichkeit, umfangreiche<br />

Straßenbaumaßnahmen zu finanzieren. Das zur Bekämpfung der damaligen Arbeitslosigkeit<br />

konzipierte Programm gab <strong>die</strong> Möglichkeit, mit niedrigen Tagewerkssätzen viele Arbeitskräfte<br />

zu beschäftigen. Ein ganzes Geflecht von neuen Verkehrsstraßen wurde damals im<br />

Nordwesten der Stadt geplant und ausgeführt. 1950 bis 1952 entstand der Tegeler Weg (heute<br />

Kurt-Schumacher-Damm) in der ersten Ausbaustufe. 1952 wurde als damals größtes nach dem<br />

Kriege durchgeführtes Straßen-Neubauvorhaben der Goerdelerdamm angelegt. 1952/53<br />

wurde der „neue" Siemensdamm nördlich der vorhandenen Straße verlegt. Diese Straßenumlegung<br />

sowie <strong>die</strong> <strong>des</strong> Tegeler Weges zwischen Bahnhof Jungfernheide und Jakob-Kaiser-Platz im<br />

Jahre 1953 geschah, um <strong>die</strong> Voraussehungen <strong>für</strong> den Weiterbau <strong>des</strong> 1938 begonnenen Westhafenkanals<br />

zu schaffen.<br />

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