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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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Die Vogelperspektive von Broebes<br />

(Ejn unterbewertetes Dokument der Stadtbaugeschichte <strong>Berlins</strong><br />

Von Dr. Günther Schulz<br />

Im To<strong>des</strong>jahr <strong>des</strong> Großen Kur<strong>für</strong>sten Friedrich Wilhelm erschien <strong>die</strong> bekannte Vogelschau <strong>des</strong><br />

Ingenieurs und Stempelschneiders Johann Bernhard Schultz. Sie ist bis heute ein Höhepunkt<br />

unter den Berolinensien, und entsprechend häufig wurde sie reproduziert und besprochen.<br />

Dieses in seiner Schönheit und in seinem Informationsgehalt einmalige Meisterwerk hat<br />

zweifellos mit dazu beigetragen, daß ein anderer Perspektivplan <strong>Berlins</strong> wenig beachtet wurde.<br />

Es ist <strong>die</strong> Arbeit von Jean Baptiste Broebes. Ein weiterer Grund <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Vernachlässigung<br />

mag in der Person <strong>des</strong> Stechers selbst und im Urteil der Nachwelt über ihn liegen.<br />

Der um 1660 in Paris geborene Broebes lernte dort bei dem bekannten Architekten und<br />

Kupferstecher Jean Marot und ging 1686 nach Bremen. Als Ratsbaumeister lieferte er u. a. <strong>die</strong><br />

Pläne <strong>für</strong> das Weserbrückentor und <strong>die</strong> Alte Börse. Beim Bau der nie ganz vollendeten Börse<br />

traten Schwierigkeiten auf, denen er sich durch <strong>die</strong> Flucht entzog. Er trat 1692 als Ingenieurhauptmann<br />

in brandenburgische Dienste und wurde später an der neu gegründeten Akademie<br />

zu Berlin als Professor <strong>für</strong> Baukunst angestellt. 1720 folgte er einem Ruf nach Sachsen, wo er<br />

bald darauf verstarb (1). Bekannt wurde er eigentlich erst nach seinem Tod, als der Augsburger<br />

Verleger Johann George Merz 1733 eine Sammlung von 47 Kupferstichen über preußische<br />

Schlösser herausgab. Die Kupferplatten hatte er von Broebes erworben. Nicht alle stammten<br />

jedoch von <strong>des</strong>sen Hand; vielmehr setzte Broebes auf einigen Platten seinen Namen an <strong>die</strong><br />

Stelle <strong>des</strong> Urhebers, so beispielsweise bei Arbeiten von Schlüter. Dieses unlautere Streben nach<br />

Publizität brachte ihm Jahrzehnte später <strong>die</strong> harte Kritik Friedrich Nicolais ein, der mit dem<br />

Menschen auch <strong>des</strong>sen Werk verwarf (2). Obwohl gegen Ende <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts<br />

Gurlitt (3) und Borrmann (4) versuchten, Broebes den ihm gebührenden Rang als Autor einer<br />

historischen Quelle wieder zuzuweisen, wirkte Nicolais vernichten<strong>des</strong> Urteil fort.<br />

Selbst der sonst so sorgfältige Archivar Clauswitz bezeichnete <strong>die</strong> von Broebes ra<strong>die</strong>rte Ansicht<br />

als „Wiederholung <strong>des</strong> Schultzschen Blattes" und schreibt weiter: „Für <strong>die</strong> geschichtliche<br />

Forschung darf man sie nur mit größter Vorsicht benutzen" (5). Die meisten anderen Autoren<br />

ignorieren <strong>die</strong> Vogelschau von Broebes ganz. Lediglich Grantzow veröffentlichte eine auszugsweise<br />

Abbildung mit einer kurzen Beschreibung der Friedrichstadt - ohne jeden Hinweis auf<br />

Broebes (6). Erst in jüngster Zeit erschien eine verkleinerte Kopie in der Planmappe „Die<br />

Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin" mit äußerst knappem Begleittext (7).<br />

Bei oberflächlicher Betrachtung <strong>des</strong> von drei Platten gedruckten Kupferstiches kann man in der<br />

Tat dem Irrtum von Clauswitz folgen und das Blatt in <strong>die</strong> Reihe der alten Nachahmungen <strong>des</strong><br />

Schultzschen Meisterwerkes einreihen. Aber Broebes bietet mehr als später etwa Petrus Schenk<br />

mit seinen verkleinerten und vereinfachten Kopien. Er zeigt eine Reihe baugeschichtlich<br />

interessanter Veränderungen, <strong>die</strong> Berlin unter Kur<strong>für</strong>st Friedrich III. erfahren hatte.<br />

Das wie bei Schultz orientierte und ähnlich begrenzte Werk trägt den knappen Titel: „Die<br />

Chur<strong>für</strong>stl. e Brandenburgl. e Residentz Statt Berlin, Cöln und Friedrichs Werder." Die<br />

Dorotheen- und Friedrichstadt werden also nicht genannt. In den beiden oberen Ecken werden<br />

<strong>die</strong> im Plan verwendeten Ziffern, Buchstaben und Zeichen erklärt. Insgesamt enthält <strong>die</strong><br />

Legende wie bei Schultz 50 Angaben, zum Teil aber andere als bei <strong>die</strong>sem.<br />

Der Titel <strong>des</strong> Blattes ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Er beginnt am linken Rand <strong>des</strong><br />

mittleren Bogens <strong>des</strong> dreiteiligen Druckes, läßt also das linke Drittel der Abbildung frei. Der<br />

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