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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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Nachrichten<br />

Ehrenpromotion Margarete Kühn - Verabschiedung Martin Sperlich<br />

Es war eine glückliche Idee, <strong>die</strong> Feier aus Anlaß der Vollendung <strong>des</strong> 80. Lebensjahres von Frau Professor<br />

Dr. Margarete Kühn mit der Verabschiedung von Professor Dr. Martin Sperlich zusammenzulegen und<br />

<strong>die</strong> vielen Freunde und Weggefährten in <strong>die</strong> Eichengalerie <strong>des</strong> Schlosses Charlottenburg einzuladen. Nach<br />

der Begrüßung durch Professor Dr. Helmut Börsch-Supan holte Professor Sperlich zu einer Gratulatio auf<br />

M. Kühn aus, in deren Mittelpunkt <strong>die</strong> Saga von der Wiederherstellung <strong>des</strong> Charlottenburger Schlosses<br />

stand. Mit beredten Worten schilderte er ihren Kampf gegen <strong>die</strong> Hydra, aber auch das insgeheime<br />

Einverständnis aller Mitarbeiter: Wenn „Kühnchen" will, machen wir es! Zu den geistigen Ahnen und<br />

Wegbereitern Margarete Kuhns zählte er Leibniz, Voltaire und Humboldt. Schlüter, Lenne und Schinkel.<br />

Merkenswert ist woh! auch noch <strong>die</strong> Aussage Sperlichs, daß das Restaurieren nicht von den Restaurativen<br />

und das Konservieren nicht von den Konservativen besorgt wird.<br />

Professor Dr. Reiner Haussherr trug eine schwungvolle Laudatio auf Margarete Kühn vor. Er würdigte<br />

<strong>die</strong> in ihrer Person geschlagene Brücke von Kunsthistorie und Preußisch-Berliner <strong>Geschichte</strong>. Hatte sie<br />

1945 <strong>die</strong> Vertretung <strong>des</strong> Direktors übernommen, so gilt der unter ihrer Leitung bis 1969 vollzogene<br />

Wiederaufbau <strong>des</strong> Charlottenburger Schlosses als eine bahnbrechende Leistung der deutschen Denkmalpflege<br />

nach dem Krieg. Es ist das Ver<strong>die</strong>nst von Margarete Kühn, <strong>die</strong>sem Bauwerk das Schicksal <strong>des</strong><br />

Berliner Stadtschlosses erspart zu haben. Hoch zu rühmen ist aber auch ihre Forschung, <strong>die</strong> sich vor allem<br />

mit Schinkel, Schlüter und dem Berliner Stadtschloß beschäftigt. In ihren kunsthistorischen Herausgeberschaften<br />

erweist sie sich als eine fachliche und moralische Autorität.<br />

Der stellvertretende Sprecher <strong>des</strong> Fachbereichs Geschichtswissenschaften der Freien Universität Berlin,<br />

Professor Dr. Dieter Hertz-Eichenrode, hob in seiner Begründung der Verleihung der Ehrendoktorwürde<br />

an Frau Professor Dr. M. Kühn hervor, daß der Fachbereich zum ersten Mal keinen Fachprofessor, zum<br />

ersten Mal eine Frau und mithin zum ersten Mal auch eine Berlinerin mit der Ehrenpromotion auszeichne.<br />

Er verlas <strong>die</strong> lateinisch gehaltene Ehrenurkunde und fand ebenso viel Beifall wie Bezirksbürgermeister<br />

Eckard Lindemann, der Frau Kühn den im Kanzleideutsch verfaßten Bürgerbrief von Charlottenburg<br />

verlieh. Dem Zuhörer kam der Gedanke, ob Frau Professor Kühn <strong>die</strong> mit <strong>die</strong>sem Bürgerbrief offerierten<br />

Dienste nicht auch schon in ihrer aktiven Tätigkeit hätte in Anspruch nehmen sollen.<br />

In ihrer Danksagung drückte Frau Professor Dr. h. c. Dr. Margarete Kühn <strong>die</strong> Freude über <strong>die</strong> Kontinuität<br />

zu ihrem Nachfolger Martin Sperlich aus, <strong>die</strong> sich auch in der Kontrapunktik moderner Kunst ergab. In<br />

einem Rekurs ging sie aus dem Stegreif auf <strong>die</strong> Historie und Bedeutung der brandenburgisch-preußischen<br />

Universitäten ein, von Frankfurt an der Oder (1506) über Duisburg (1652) bis zur Gelehrtenstadt<br />

Tangermünde (1677), Halle an der Saale (1694) und schließlich Berlin.<br />

Sehr eloquent war <strong>die</strong> Laudatio, <strong>die</strong> Professor Dr. Helmut Börsch-Supan auf seinen langjährigen Chef<br />

hielt, der aus dem Charlottenburger Schloß so etwas wie ein „Forum <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> und Gegenwart"<br />

gemacht habe. Martin Sperlich, eine starke Persönlichkeit und ein anspruchsvoller Geist, sei durch<br />

unbequeme Leidenschaft und herkulische Energie ausgezeichnet. Seine Arbeit wandte sich vom Schloß<br />

Charlottenburg über das Jagdschloß Grunewald, <strong>die</strong> Pfaueninsel und Glienicke schließlich der Gartendenkmalpflege<br />

zu. Professor Börsch-Supan, der Martin Sperlich <strong>die</strong> Statur eines Helden der klassischen<br />

Tragö<strong>die</strong> zugestand, bezeichnete <strong>die</strong>sen als einen Vertreter der abtretenden Generation, <strong>die</strong> mehr vom<br />

Leben weiß, weil sie den Krieg als Erwachsener mitgemacht hat. Niemand wird innerlich widersprochen<br />

haben, als er Martin Sperlich ein großes Herz attestierte, das großer Liebe, großer Treue und großen<br />

Zornes fähig sei.<br />

Hier hakte Dr. Volker Hassemer, Senator <strong>für</strong> kulturelle Angelegenheiten, ein, der Martin Sperlich als<br />

einen eigenen Kopf mit harten Kanten bezeichnete. Frau Professor Kühn, <strong>die</strong> am Vormittag <strong>die</strong> Ernst-<br />

Reuter-Plakette in Silber aus der Hand <strong>des</strong> Regierenden Bürgermeisters Dr. Richard von Weizsäcker<br />

erhalten hatte, dankte er <strong>für</strong> den Mut zum Optimismus, den sie bewiesen und ausgestrahlt habe.<br />

Umrahmt wurde <strong>die</strong> Feierstunde von Musikstücken, <strong>die</strong> das Quantz-Ensemble Berlin unter Karl-Bernhard<br />

Sebon vortrug, der als Flötist Martin Sperlich eine „Elegie auf <strong>die</strong> wiederhergestellte Goldene<br />

Galerie" verehrungsvoll widmete. H. G. Sehultze-Bemdt<br />

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