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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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wählte Bereiche <strong>für</strong> Junggebliebene heraus. Dabei ist das Unausschöpfliche, Quirlige, Vielgesichtige <strong>des</strong><br />

Berliner Lebens und der Berliner Geistigkeit eingefangen - so z. B. in Wortkaskaden lebensvoller<br />

Schilderungen der Wald- und Seenlandschaft um Berlin. Vor allem Kunert brilliert mit fast distichonartiger<br />

Diktion.<br />

Beide Autoren leitet <strong>die</strong> gleiche Liebe zum Kleinbürgerlichen, glanzlos Echten und Inhaltreichen der<br />

kleinen Leute in Kiez und Kneipe, in der Sommerlaube und bei Herdwärme. Da Kunert, der einstige<br />

Ostberliner, das ältere Berlin zum Gegenstand hat, das geliebte und noch immer oder wieder vorzeigbare,<br />

spitzt er seine Betroffenheit zu in dem Gegensatz von „Magistrale" der Frankfurter Allee und den alten<br />

Höfen <strong>des</strong> Nordostens; er preist den verträumten Jüdischen Friedhof an der Schönhauser Allee: „... so<br />

separiert wie so vieles in Berlin, das niemals wieder zu seiner einstigen Dynamik zurückgefunden hat"<br />

(S. 29). Beide Verfasser beklagen, wo sie den hastigen Wiederaufbau berühren, in Ost und West <strong>die</strong> gleiche<br />

Einfallslosigkeit, das geistige Abseits in der Sterilität der Betonwelt.<br />

Das Kapital „Der gute Tip von Merian" ist eine profilierte Information, <strong>die</strong> das Liebenswerte hervorhebt<br />

und zum Wiederkommen verlockt. Es beglückt aber auch <strong>die</strong> Berliner; sie entdecken manches Neue, das es<br />

z. B. in Ost-Berlin schon wieder gibt, aber auch Überholtes (wie z. B. Einkaufstips in West-Berlin) und<br />

Fehler. So existiert an der Invalidenstraße (Naturkundemuseum) kein U-Bahnhof Zinnowitzstraße<br />

(S. 140). Christiane Knop<br />

'ne Menge Arbeit. Ungewöhnliche Berufe in einer Großstadt. Ein Berliner Fotobuch von Hemme,<br />

Hermann, Tietze. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Berlin 1981, 124 Seiten, 120 Abb., 29,80 DM.<br />

Angesichts der Flut von Berlinbüchern, in denen alte Läden, alte Treppenhäuser, alte Hauseingänge usw.<br />

abgebildet sind, könnte man meinen, es gäbe wirklich nichts Nostalgisches mehr zu entdecken. Aber in<br />

einer Stadt mit so vielen Hinterhöfen wird es doch wohl auch genügend Hinterhofbetriebe geben, um<br />

damit einen weiteren Band zu füllen!<br />

Allzulange haben <strong>die</strong> Herausgeber allerdings nicht gesucht, und daher mußten bei 21 dargestellten<br />

Betrieben einige dazwischengeschmuggelt werden, <strong>die</strong> nicht so ungewöhnlich sind, daß sie dem Berlinbild<br />

eine neue Facette hinzufügen könnten (Konditor, Fischer, Uhrmacher, Goldschmied, Maßschneider.<br />

Bootsbauer, Schädlingsbekämpfer). Da muß dann <strong>die</strong> Selbstdarstellung der Meister mit vielen „ick" und<br />

.jenau" <strong>für</strong> das Lokalkolorit sorgen. Immerhin macht es Spaß, das Buch zu durchblättern und z. B. einem<br />

Tierpräparator, einem Hersteller von künstlichen Augen oder einem Bleiglaser bei der Arbeit zuzusehen.<br />

Die Einleitung von Barbara Tietze stilisiert dann allerdings <strong>die</strong>se Kleinbetriebe zu Vorbildern <strong>für</strong> menschengerechte<br />

Arbeitsplätze hoch und stellt ihnen <strong>die</strong> krankmachenden, „unmenschlichen" Arbeitsplätze<br />

der Industrie gegenüber. Dabei übersieht sie freilich, daß der hochqualifizierte Handwerker auch in der<br />

Industrie einen abwechslungsreichen Arbeitsplatz finden würde, auf dem er sich „verwirklichen" kann,<br />

zum anderen, daß <strong>die</strong> beschriebenen Betriebe zumeist schöne Einzelstücke <strong>für</strong> eine zahlungskräftige<br />

Kundschaft herstellen. Würde ein Industriebetrieb <strong>die</strong> Arbeitsplätze ähnlich liebenswert verkramt einrichten,<br />

würde ihm der Wettbewerb schnell das Lebenslicht ausblasen. Bernd Illigner<br />

/S"Vfo& Große Berliner Straßenbahn und ihre Nebenbahnen 1902-1911. Reprint <strong>des</strong> Originals 1982. Hans<br />

J Feulner, Verlagsauslieferungen, Lindenallee 25,1000 Berlin 19. 246 Seiten, 5 Karten und Pläne. Format:<br />

^ 22 X28 cm, Preis 58 DM.<br />

Rund hundert Jahre währte das Straßenbahnzeitalter im Bereich <strong>des</strong> heutigen West-<strong>Berlins</strong>. Die ersten<br />

dreißig Jahre waren vom Pferdebetrieb geprägt, <strong>die</strong> restlichen siebzig Jahre gehörten dem elektrischen<br />

Betrieb. Während <strong>die</strong>ser Epoche wurde <strong>die</strong> Wortneuschöpfung der „Elektrischen" zu einer in Berlin<br />

allgemeinen Begriffsbezeichnung, unter der <strong>die</strong> Straßenbahn verstanden wurde. Die Bezeichnung „Tram"<br />

oder „Trambahn" ist im Berliner Bereich niemals üblich gewesen.<br />

Unter der Vielzahl der kleinen, teils gemeindeeigenen, teils privaten Unternehmen ragte <strong>die</strong> „Große<br />

Berliner Straßenbahn" mit weitem Abstand heraus. Im Jahre 1902 erschien <strong>die</strong> erste Denkschrift der<br />

Gesellschaft, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Epoche von ihrer Gründung als „Große Berliner Pferde-Eisenbahn-Aktiengesellschaft"<br />

(1871) bis zum Abschluß der Einführung <strong>des</strong> elektrischen Betriebes (1902) umfaßt und den „ruhigen<br />

Zeiten <strong>des</strong> Pferdebetriebes" gewidmet war. Der zweite Band schildert den enormen Aufschwung und <strong>die</strong><br />

Ausbreitung <strong>des</strong> Unternehmens während <strong>des</strong> ersten Dezenniums <strong>des</strong> elektrischen Betriebes. Da <strong>die</strong>se<br />

Denkschriften nur einem begrenzten Interessentenkreis aus dem Bereich deutscher Straßenbahn- und<br />

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