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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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Nördlich <strong>des</strong> Friedrichswerder, am rechten Spreeufer, befindet sich „der Chur<strong>für</strong>stin hoff u:<br />

lustgarten". Schultz hat <strong>die</strong>se Anlage noch als „Vorwerck" bezeichnet, während sie jetzt als<br />

Schlößchen mit großzügigen Parks dargestellt ist. Schon gegen Ende <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts<br />

bestand hier ein kur<strong>für</strong>stlicher Garten, der wie der Lustgarten im 30jährigen Krieg verfiel. 1649<br />

ließ ihn Friedrich Wilhelm wieder herrichten und schenkte ihn seiner Gemahlin Dorothea.<br />

Gemäß ihrer praktischen Veranlagung betrieb sie dort eine Meierei zum Nutzen der Bevölkerung.<br />

Nach ihrem Tod fiel das Anwesen an <strong>die</strong> Gattin Friedrichs III., <strong>die</strong> geistreiche Sophie<br />

Charlotte, <strong>die</strong> übrigens gemeinsam mit Leibniz <strong>die</strong> Gründung der Akademie der Wissenschaften<br />

initiierte. Für sie baute Eosander von Göthe 1703 das später Monbijou genannte Lustschloß<br />

in ähnlicher Form wie es Broebes vorstellt (31). Daraus darf nicht geschlossen werden, daß<br />

Broebes seine Arbeit erst nach 1703 fertiggestellt hat. In <strong>die</strong>sem Fall hätte er eine Reihe anderer<br />

Neubauten in seinen Plan aufgenommen, <strong>die</strong> bis zu <strong>die</strong>sem Jahr begonnen oder sogar vollendet<br />

worden sind. Das sind u. a. <strong>die</strong> beiden Kirchen auf dem (späteren) Gendarmenmarkt, <strong>die</strong><br />

Garnisonkirche im Bollwerk 12, <strong>die</strong> Französische Kapelle in der Scheunengasse und <strong>die</strong> alte<br />

Pomeranzenbrücke am Mönchturm sowie <strong>die</strong> Waisenhausbrücke. Selbst <strong>die</strong> Annahme, nur<br />

das linke Plattendrittel sei später als <strong>die</strong> beiden Hauptbögen entstanden, ist nicht haltbar, denn<br />

bereits 1700 wurde mit dem Bau der Sternwarte, eines turmartigen Aufsatzes über dem<br />

Nordtrakt <strong>des</strong> Marstalles in der Dorotheenstraße, begonnen (32). Dieses Gebäude liegt aber im<br />

linken Abzug. Übrigens hätte Broebes um oder nach 1703 wahrscheinlich den Befestigungsring<br />

um <strong>die</strong> Friedrichstadt weggelassen, weil <strong>die</strong>se Planung zu dem Zeitpunkt bereits wieder<br />

aufgegeben war.<br />

Zusammenfassend sei noch einmal festgehalten: Die Vogelschau von Broebes steht künstlerisch<br />

sicher hinter der Arbeit von Schultz zurück. Dennoch ist sie keine Kopie und <strong>des</strong>halb mit<br />

den Stichen von Bodenehr oder Schenk nicht zu vergleichen. Vielmehr stellt Broebes eine Fülle<br />

von neuen Objekten vor, <strong>die</strong> bis 1699 so aufgeführt oder zumin<strong>des</strong>t so geplant waren. Bei<br />

richtiger Deutung <strong>des</strong> Dargestellten erkennt man <strong>die</strong> dokumentarische Bedeutung der zweiteiligen<br />

wie auch der dreiteiligen Ausführung, <strong>die</strong> weit über <strong>die</strong> <strong>des</strong> Planes von 1698 hinausgeht.<br />

Angesichts <strong>des</strong> hohen Informationsgehaltes der Perspektive verwundert es, daß <strong>die</strong> Leistung<br />

von Broebes bis heute so wenig gewürdigt worden ist.<br />

Literaturverzeichnis<br />

1. Thieme-Becker, Künstlerlexikon, Stichwort Broebes.<br />

2. Nicolai, Friedrich, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, 3. Auflage,<br />

Berlin 1786. Bd. 1, LVI, Fußnote, und Bd. 3, Anhang 75 f.<br />

3. Gurlitt, C, Zur Baugeschichte von Berlin. In: Kunstchronik, XIX. Jg., 1884, Nr. 18 und 19,293 f. und<br />

311 f.<br />

4. Borrmann, Richard, Die Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin. Julius Springer, Berlin 1893,102 und<br />

377, Fußnote 3.<br />

5. Clauswitz, Paul. Die Pläne von Berlin und <strong>die</strong> Entwicklung <strong>des</strong> Weichbil<strong>des</strong>. Mittler und Sohn, Berlin<br />

1906,17.<br />

6. Grantzow, Hans, Pläne und Ansichten zur Entwicklung <strong>Berlins</strong>. Berlin 1938, Heft 2,14 f.<br />

7. Der Lan<strong>des</strong>konservator Berlin. Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin. Bezirk Kreuzberg, Pläne<br />

Nr. 2 und Seite 19.<br />

8. Wie 5. Plan Nr. 18 und Seite 17.<br />

9. Wie 2. Seite LVI f.<br />

10. Wie 4. Seite 147.<br />

11. Spiker, S. H., Berlin und seine Umgebungen im 19. Jahrhundert. Gropius, Berlin 1833, 39f. und<br />

Fußnote.<br />

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