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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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von der Anwesenheit <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>herrn und seiner Gemahlin sonderlich Notiz zu nehmen. Welch eine<br />

Schönheit ist übrigens <strong>die</strong> anmutige, jugendfrische Königin Luise von Preußen! Man sieht ihr wahrhaftig<br />

nicht an, daß sie schon achtmal niedergekommen ist.<br />

Freitag, den 28. Februar. Gleich in der Frühe führte mich der berühmte Dr. Hufeland zu dem Hospital „La<br />

Maison de Charite", wo unter einem Dach <strong>die</strong> mannigfaltigsten Gebrechen kuriert werden. Leider kann<br />

ich über <strong>die</strong> Reinlichkeit der Krankenstuben nichts Gutes notieren. Es sind schmale, düstere Gelasse, in<br />

denen allzu viele Betten aufgestellt sind. Und keines ist mit einem Vorhang vom nächsten getrennt!<br />

Dienstag, den 4. März. Trotz Schnee- und Hagelschauer stapfte ich zur Königlich Preußischen Porzellanmanufaktur<br />

und betrachtete dort allerlei hübsche Dinge, deren handwerkliche Akkuratesse staunenswert<br />

ist. Allerdings fordert man gesalzene Preise <strong>für</strong> <strong>die</strong>se Figuren, Tassen und Vasen! So kostet eine Kakaotasse<br />

nebst Untersatz, bei<strong>des</strong> dekoriert mit dem Porträt der Königin Luise, nicht weniger als 45 Taler. Ich<br />

sah auch ein Service <strong>für</strong> <strong>die</strong> königliche Tafel, das <strong>die</strong>ser Tage von der Staatsschatulle <strong>für</strong> 15000 Taler<br />

erworben wurde. Auf einer Abendgesellschaft beim Professor Hufeland fand ich eine elegant gekleidete<br />

Schar von Menschen jeglicher Provenienz vor. Ordensgeschmückte Hofbeamte und Offiziere, Poeten,<br />

Philosophen und sogar einige wohlrenommierte Komödianten wandelten schwatzend, trinkend und<br />

schmausend durch sechs hell beleuchtete Stuben.<br />

Donnerstag, den 13. März. Ich machte Herrn Humboldt meine Aufwartung. Dieser dreißigjährige, ganz<br />

unaffektierte und quicklebendige Mann beherrscht fünf Sprachen und ist ein Individuum von großen<br />

Gaben. In der hohen Einschätzung seiner Fähigkeiten als Mineraloge, Chemiker und Naturforscher sind<br />

sich alle Kapazitäten einig. Was ihn vor den Fachgelehrten so auszeichnet, ist seine süperbe Sprachbegabung<br />

und <strong>die</strong> reiche literarische Bildung. Herr Humboldt, der mir lange von seinen aus eigener Tasche<br />

bezahlten Forschungsreisen nach Peru und Mexiko erzählte, ist gebürtiger Berliner. Das Königreich<br />

Preußen kann sich eines solch urbanen Geistes mit Recht rühmen!<br />

Sonntag, den 15. März. Bei einem Benifizkonzert hone ich den Kastraten Tombolini eine Arie von<br />

Cimarosa singen. Der arme Teufel besitzt zwar eine göttliche Stimme, aber der Anblick <strong>die</strong>ses um der<br />

Kunst willen aller Männlichkeit beraubten Individuums stimmt so betrüblich, daß ich <strong>die</strong> Augen schließen<br />

mußte, um mich <strong>des</strong> glockenhellen Gesangs recht erfreuen zu können. Hinterdrein spielte ein vierzehnjähriger<br />

Knabe namens Meyerbeer ein Klavierkonzert vom Mozart und erntete da<strong>für</strong> Beifallsstürme. Die<br />

gesamte königliche Familie, alle Gesandten und der in Berlin ansässige preußische Adel wohnten der<br />

Veranstaltung bei.<br />

Sonntag, den 22. März. Um 12 Uhr mittags ging ich zu einem Kolleg <strong>des</strong> Herrn Fichte über <strong>die</strong> neue, so<br />

lauthals gepriesene Transzendentalphilosophie. Dieser Professor, ein Schüler Kants, gilt hier als der<br />

allertiefste Denker. Während er den Sommer über in Erlangen lehrt, hält er zur Winterszeit hier alle<br />

Sonntage einen Vortrag, bei dem jedermann gegen einen Taler Entree Zutritt hat. Mit dem feierlichen<br />

Gestus, der einer umwälzenden Entdeckung zukommen mag, gab <strong>die</strong>ser kleine, zugeknöpfte Mensch ganz<br />

nebulöse Worte oder altbackene Gemeinplätze von sich. Wir waren unserer drei und zerbrachen uns den<br />

Kopf, um <strong>die</strong>sem krausen Kolleg einen plausiblen Sinn abzuringen. Immer wieder stellten wir uns <strong>die</strong><br />

Frage, was wohl all <strong>die</strong> Zuhörer, darunter etliche gescheit aussehende Männer und sogar ein Dutzend<br />

Frauenspersonen, bewogen haben mochte, <strong>die</strong>sen konfusen Darlegungen zu lauschen.<br />

Im III. Vierteljahr 1984<br />

haben sich folgende Damen und Herren zur Aufnahme gemeldet:<br />

Hildegard Brandt Christa Thorau, Lehrerin<br />

Schustehrusstraße 20-22, 1000 Berlin 10 Bonhoefferufer 18, 1000 Berlin 10<br />

Tel. 3431399 (Guth) Tel. 3443111 (Bibliothek)<br />

Rudolf Franz, Oberstlt. a. D. Dr. Martin Zippe, M.A.,<br />

Schamhorststraße 13, 5970 Plettenberg Oberstlt. a. D., Historiker<br />

Tel. (0 23 90) 5 34 30 (Cramer) Saarstraße 10, 4400 Münster<br />

Ruth Leupold Tel. (02 51) 231169 (Zopf)<br />

Gorkistraße 63, 1000 Berlin 27 Dagmar Frowein, Ärztin<br />

Tel. 4 34 25 31 (Pretsch) Düppelstraße 17,1000 Berlin 37<br />

Roswitha Reschke, Sekretärin Tel. 8027910 (Dr. Beerbohm)<br />

Badener Ring 15, 1000 Berlin 42<br />

Tel. 785 3749 (Koepke)<br />

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