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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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viertel, nicht nur Zuflucht der aus Polen eingereisten armen Juden, nicht nur ein ,Zille-Milljöh'." Wo<br />

befand sich <strong>die</strong>ses Viertel? Es lag hinter dem Berliner Alexanderplatz in einem Geviert von Gassen und<br />

Gäßchen zwischen Münz- und Lothringer Straße, Prenzlauer und Rosenthaler Straße. „Hier wohnten im<br />

alten Berlin <strong>die</strong> armen Leute, und hier befanden sich schon früh <strong>die</strong> Quartiere der Armut und <strong>die</strong><br />

Schlupfwinkel der Verworfenheit. Im Jahre 1846 wies Berlin nach einer statistischen Aufstellung schon<br />

2000 Verbrecher, ebensoviel Obdachlose sowie 8000 Bettler und andere fragwürdige Existenzen auf, und<br />

im Lauf <strong>die</strong>ser Zeit wurden <strong>die</strong> engen Gassen und <strong>die</strong> schmutzigen Häuser <strong>des</strong> Scheunenviertels immer<br />

mehr zum Schlupfwinkel <strong>des</strong> Verbrechertums." (Aus einem Polizeibericht Anfang <strong>die</strong>ses Jahrhunderts.)<br />

Im Jahre 1906/07 wurde der verfallene Kern um den Babelsberger Platz abgerissen und <strong>die</strong> Volksbühne<br />

dort erbaut; der Platz hieß nun Bülowplatz, aus ihm wurde der Horst-Wessel-Platz, daraus der Rosa-<br />

Luxemburg-Platz, und heute heißt er schlicht Luxemburgplatz. Doch das Viertel blieb heruntergekommen.<br />

In der Dragoner-, Linien-, Rücker- und Mulackstraße blieb <strong>die</strong> Wohndichte fünfmal höher als in der<br />

ganzen Stadt, <strong>die</strong> hygienischen Verhältnisse waren katastrophal. So also das Zustandsbild, bevor <strong>die</strong> erste<br />

Judenwelle nach dem Attentat auf den Zaren 1881 hereinschwappte. Zuerst waren es noch wenige, ihre<br />

Zahl vergrößerte sich nach dem Ende <strong>des</strong> Ersten Weltkrieges und der russischen Revolution, als viele<br />

Juden aus Angst vor Pogromen ihre Heimat in Rußland und Polen verließen, um in Deutschland Schutz<br />

und Auskommen zu suchen. Sie alle - <strong>die</strong> Ostjuden - kamen am Schlesischen Bahnhof an und siedelten<br />

sich wie schon so viele vor ihnen hinter dem Alexanderplatz an. Man schätzt, daß es einige tausend<br />

gewesen sind. Sie kamen als kleine Kaufleute, Schuster, Uhrmacher, Schneider oder Zigarettenarbeiter<br />

nach Berlin, <strong>die</strong> meisten in der Hoffnung, von hier den Sprung über den großen Teich nach Amerika<br />

machen zu können. Ihr Zentrum war <strong>die</strong> Grena<strong>die</strong>rstraße mit ihrer Vielzahl von Geschäften, koscheren<br />

Speisestuben, mit ambulantem Straßenhandel, Betstuben, Synagogen und Talmudschulen, aber auch<br />

zionistischen Kulturvereinen und sozialistischen Klubs.<br />

Das Buch Eike Geisels dokumentiert anhand der verschiedensten Texte, Bilder und Dokumente <strong>die</strong><br />

Atmosphäre und <strong>die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>die</strong>ses ostjüdischen Viertels, das durch <strong>die</strong> Nazis ausgerottet und schon<br />

beinahe vergessen innerhalb unserer einstigen Hauptstadt existierte. Irmtraut Köhler<br />

Wolfgang Carle: Das hat Berlin schon mal gesehen/Die <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> Friedrichstadt-Palastes. Henschel-<br />

Verlag Berlin (Ost) 1982, 236 Seiten, mit 104 Abbildungen.<br />

Angesichts der Fülle nostalgischer Berlin-Bücher in West und Ost engt sich das Feld der Themen <strong>für</strong><br />

schreibwillige Autoren immer mehr ein. W. Carle hat sich <strong>die</strong> <strong>Geschichte</strong> der Berliner Revue, der „Show",<br />

zum Gegenstand gewählt, keineswegs nur <strong>die</strong> <strong>des</strong> Friedrichstadt-Palastes, wie der Untertitel verheißt,<br />

wenngleich <strong>des</strong>sen Geschicke auch heller ausgeleuchtet werden. Das ist ein Buch, ganz speziell geschrieben<br />

<strong>für</strong> Liebhaber der Welt <strong>des</strong> Varietes und der Ausstattungsstücke. Den jüngeren Generationen sagen <strong>die</strong><br />

tausend genannten Namen von Artisten und Künstlern der zwanziger und dreißiger Jahre nichts mehr.<br />

Gerhard Kutzsch<br />

Im III. Vierteljahr <strong>1983</strong><br />

haben sich folgende Damen und Herren zur Aufnahme gemeldet:<br />

Käthe Kutsche<br />

Zimmermannstraße 17, 1000 Berlin 41<br />

Ursula Seffert<br />

Ruhrstraße 15, 1000 Berlin 31<br />

Wolfgang Spenn, Dipl.-Verwaltungswirt<br />

Florastraße 7, 1000 Berlin 41<br />

Hans Joachim Wolf<br />

Stadtrandstraße 488, 1000 Berlin 20<br />

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