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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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Das Erziehungshaus wurde als Schule <strong>für</strong> Maitey bestimmt. Er hatte dort aber nur Lese-,<br />

Schreib-, Rechen- und Religionsunterricht. An der Werkausbildung der anderen Jungen nahm<br />

Maitey nicht teil. Er brauchte auch nicht ihre graue Uniform mit den gelben Knöpfen und der<br />

blauen Mütze zu tragen, sondern behielt seine elegante Kleidung. Außerdem aß er am Tisch<br />

Kopfs und bekam eine bessere Verpflegung als <strong>die</strong> anderen Zöglinge. Anfang 1827 empfahl<br />

Rother dem König Maitey als Diener <strong>für</strong> den Hof, lobte seine Sauberkeit und verwies auf seine<br />

Servierfähigkeiten, <strong>die</strong> er in seinem Haus gelernt habe. Der König antwortete gleich und<br />

versprach eine Entscheidung nach Maiteys Taufe und Konfirmation. Bis dahin sollte er seine<br />

Schulausbildung vor allem in Deutsch und Religion fortsetzen. 37<br />

Rother stand also weiter vor dem Problem, was er mit dem polynesischen Burschen in seinem<br />

Haushalt machen sollte. Er holte erst einmal eine Auskunft von Erziehungsinspektor Kopf ein,<br />

<strong>die</strong> nicht allzu ermutigend war. Seine Kenntnisse in Religion seien nur vage, und sein unzureichen<strong>des</strong><br />

Deutsch hindere ihn an der Kommunkation mit den anderen Schülern. 38 Wie alle<br />

Väter besprach Rother <strong>die</strong> Lernschwierigkeiten seines Pfleglings mit seinen Freunden. In<br />

<strong>die</strong>sem Fall war der Freund Wilhelm von Humboldt. In der Akte Maitey existiert ein Handzettel<br />

Humboldts vom 15. April 1827:<br />

„Wollten mir Ew. Hochwohlgeboren heute Nachmittag um 6 Uhr Ihren Harry schicken, so<br />

möchte ich meine Kunst an ihm versuchen. Ginge es heute nicht, so bitte ich ihn um <strong>die</strong> gleiche<br />

Stunde nächsten Dienstag." 39 Humboldt vergaß im Lauf der Begegnungen mit Maitey wohl<br />

sein freundlich gemeintes ursprüngliches Angebot <strong>des</strong> Nachhilfeunterrichts, vielmehr befragte<br />

er ihn eingehend über <strong>die</strong> hawaiische Sprache und trug seine Forschungsergebnisse auf der<br />

Akademiesitzung am 24. Januar 1828 vor. Dabei erwähnte er Maitey mehrere Male. 40<br />

Von Juni bis Oktober 1827 war Maitey ständig im Erziehungshaus, und im Herbst 1828 wurde<br />

er nicht wieder eingeladen, in Rothers Haushalt zurückzukommen. Rothers Geduld war wohl<br />

erschöpft. Maitey hatte nicht nur Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Wegen <strong>die</strong>ser<br />

Schwierigkeiten entließ ihn der Waisenhauspfarrer Rötscher auch aus dem Konfirmandenunterricht.<br />

Rötscher war ein vorsichtiger Geistlicher, der mit seinem Konfirmanden kein Risiko<br />

eingehen wollte. Der Konfirmandenunterricht stand in jenen Jahren aufgrund der Spannungen,<br />

<strong>die</strong> mit der Durchführung der staatlich angeordneten Kirchenunion zusammenhingen,<br />

besonders unter dem Zeichen dogmatischer Unterweisung. Rötscher wollte besonders bei<br />

einem Konfirmanden, der möglicherweise bald in der Nähe <strong>des</strong> Königs arbeiten würde, alles<br />

richtig gemacht haben. 41 Für Maitey bedeutete Taufe und Konfirmation <strong>die</strong> Rückkehr zu<br />

Rothers. Das jedenfalls spricht aus seinem Neujahrsschreiben vom 1. Januar 1829:<br />

„Hochwohlgeborener Herr,<br />

Gnädiger Herr Präsident.<br />

Euer Hochwohlgeboren wünsche ich zum neuen Jahre viel Glück und Segen, Gesundheit und<br />

Freude. Ich werde recht gut seyn und fleißig lernen, damit ich bald getauft werden kann; und<br />

bleibe ich immer bei meinem lieben Herrn Präsident; und be<strong>die</strong>ne ihn treu, und mein Herr<br />

Präsident wird mich lieb behalten.<br />

Harry Maitey<br />

ein Sandwich Insulaner." 42<br />

Am 15. April 1829 konnte Kopf Rother mitteilen, daß Pastor Hoßbach bereit sei, Maitey mit<br />

den anderen Jungen <strong>des</strong> Erziehungshauses in den Konfirmandenunterricht aufzunehmen. Es<br />

liegt eine gewisse Ironie darin, daß Hoßbach der Pfarrer war, den Rother selbst ursprünglich<br />

vorgeschlagen hatte. Er war Frühprediger an der Neuen Kirche, <strong>die</strong> auch Deutscher Dom<br />

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