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Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1983

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ist. Glücklicherweise blieb das Planung, so daß wenigstens <strong>die</strong>ses Renaissancebauwerk aus dem<br />

Jahre 1624 bis heute erhalten blieb.<br />

Auf dem Werder vermittelt Broebes einen ersten, halbwegs realistischen Eindruck <strong>des</strong> Zeughauses<br />

Unter den Linden. Dieses vielleicht schönste Bauwerk <strong>Berlins</strong> wurde ebenfalls von<br />

Nering geplant und begonnen. Aber noch im Jahr der Grundsteinlegung, 1695, verstarb der<br />

geniale Baumeister, so daß sein Werk von mehreren Nachfolgern vollendet werden mußte.<br />

Dem Zeughaus gegenüber ist das erweiterte Palais Schomberg zu sehen, das später zum<br />

Kronprinzenpalais bestimmt wurde. Der Schleusengraben zwischen Jungfern- und Schleusenbrücke<br />

ist 1694 mit einer Kaimauer eingefaßt worden. Auch <strong>die</strong>se Modernisierung ist korrekt<br />

wiedergegeben und von der hölzernen Brückenkonstruktion bei Schultz deutlich zu unterscheiden.<br />

Ganz aktuell weist Broebes schließlich das ehemalige Reithaus auf dem Werder als<br />

„Die frantzösische Kirch" aus. Tatsächlich hat Kur<strong>für</strong>st Friedrich III. im Entstehungsjahr der<br />

Perspektive Broebes, also 1699, <strong>die</strong>ses improvisierte Gotteshaus den Refugies zur Verfügung<br />

gestellt (16).<br />

Neben <strong>die</strong>sen öffentlichen Gebäuden zeigt Broebes eine Reihe von stattlichen Privatbauten, <strong>die</strong><br />

bei Schultz noch nicht vorhanden sind. Auf dem Friedrichswerder befinden sich einige mehrstöckige<br />

Häuser an Stellen, <strong>die</strong> 1688 noch unbebaut waren. In anderen Fällen stehen bei<br />

Broebes Paläste, wo im Plan von Schultz nur schlichte Wohnhäuser gezeichnet sind, beispielsweise<br />

in der Spandauer Straße oder am Gertraudenhospital nahe der Bastion 4. Umgekehrt<br />

verliert sich <strong>die</strong> differenzierte Architektur <strong>des</strong> Schultzschen Stiches hier und da in eine vereinfachte<br />

Gleichförmigkeit bei Broebes. Gerade <strong>die</strong>se Abweichungen von Schultz haben mit dazu<br />

beigetragen, <strong>die</strong> Arbeit von Broebes als blanke Phantasie abzuqualifizieren. An einigen Beispielen<br />

soll nun gezeigt werden, daß derartige Vorurteile nur geeignet sind, den Blick <strong>für</strong> interessante<br />

baugeschichtliche Dokumente zu trüben.<br />

Betrachten wir zuerst den Dom. Broebes stellt ihn als Bau mit etwa quadratischem Grundriß<br />

vor, der einen zentralen Kuppelturm mit aufgesetzter Laterne trägt. Die vier Ecken <strong>des</strong><br />

Baukörpers sind mit ähnlich gestalteten, kleineren Kuppeltürmchen besetzt. Das Hauptportal<br />

ist nach Westen gerichtet und besteht aus einem flachen Giebelvorbau, der auf vier Säulen ruht.<br />

Diese Darstellung weicht nun total von allem ab, was wir über den ersten, mittelalterlichen<br />

Dom wissen. Man vergleiche nur <strong>die</strong> Pläne von Memhardt und Schultz oder <strong>die</strong> Zeichnungen<br />

und Kupferstiche von Stridbeck, Schleuen und anderen. Wie ist <strong>die</strong>ser „Fehler" von Broebes zu<br />

verstehen?<br />

Die Domkirche geht auf das 1297 gegründete Dominikanerkloster zurück und war im letzten<br />

Jahrzehnt <strong>des</strong> 17. Jahrhunderts so baufällig geworden, daß 1694 (17), nach anderen Quellen drei<br />

Jahre später (18), <strong>die</strong> Türme abgetragen werden mußten. Der Gedanke an einen Neubau lag<br />

also nahe. Andreas Schlüter griff ihn auf und legte um 1698 einen grandiosen Entwurf <strong>für</strong> eine<br />

umfassende Gestaltung <strong>des</strong> Schloßplatzes vor. Nach seinem Vorschlag sollte ein zur Langen<br />

Brücke geöffnetes Forum gebildet werden, das zu beiden Seiten durch das Schloß beziehungsweise<br />

einen Neubau <strong>des</strong> Marstalls in der Breiten Straße begrenzt wäre. Den westlichen<br />

Abschluß bildete ein Komplex mit einem großzügigen Innenhof; in <strong>die</strong> östliche Fassade war der<br />

neue Dom integriert (19). Seine Form entspricht nun genau der Darstellung in Broebes<br />

Vogelperspektive! Übrigens hat gerade Broebes das Schlütersche Forum um 1702 in Kupfer<br />

gestochen. Auf der Platte hat er den Namen Schlüters (unvollständig) wieder gelöscht und<br />

seinen eigenen eingesetzt. In seinem Plan von 1699 hat er Schlüters Dommodell isoliert und, um<br />

180° gedreht, eingearbeitet. Aus der Forumsidee hat er außerdem noch den erweiterten<br />

Marstall übernommen, womit auch <strong>die</strong>se nicht realisierte Zeichnung im Plan hinreichend<br />

erklärt ist. Die von Schlüter ebenfalls geplante Neugestaltung <strong>des</strong> Schlosses hat Broebes nicht in<br />

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