30.01.2013 Aufrufe

pdf-Datei

pdf-Datei

pdf-Datei

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

8 Abitur-Abschiedsrede von Olaf Falkenhagen<br />

Glauben und in seinem Vertrauen so enttäuscht<br />

wird, dann zweifelt er an den Werten auf deren<br />

Erfüllung er gebaut und gehofft hatte.<br />

In der einen Hälfte der Welt, in der einen<br />

Hälfte Europas, in der einen Hälfte Deutschlands<br />

springt bei den Ratsuchenden staatliche<br />

Hilfe ein. Die menschliche Verhaltens -- und<br />

Verfügensweise wird von oben bestimmt. Gleichzeitig<br />

wird hier der Jugend ein fester Platz im<br />

sozialen Gefüge zugewiesen, der sie befähigen<br />

soll, die Entwicklung der friedlichen klassenund<br />

konfliktlosen Gesellschaft zu vollenden.<br />

Ganz abgesehen von den Schulen, wird diese<br />

Ausrichtung im Beruf, im täglichen Leben gefordert<br />

und gefördert; dies aber möglichst unter<br />

Ausschaltung personeller und geistiger Freiheit.<br />

Unsere Lage ist jener diametral entgegengesetzt;<br />

uns wird das größtmögliche Maß an Freiheit<br />

gelassen, um die durch staatliche Bevormundung<br />

entstandenen Fehler nicht zu wiederholen.<br />

So stehen viele Jungendliche jeder Organisation<br />

fern.<br />

Die zukünftige Auseinandersetzung zwischen<br />

Ost und West - wir dürfen nie die Wirklichkeit<br />

übersehen - wird wahrscheinlich nicht auf wirtschaftlichem<br />

oder politischem sondern auf<br />

ideologischem Gebiete geführt werden. Also<br />

müssen wir uns über unsere soziale Stellung im<br />

Klaren sein.<br />

Wer Befehle ohne Überprüfung ausführt ist ein<br />

Untertan, wer seine Handlungen kritisch untersucht<br />

und in Selbstverantwortung abwägt, ist<br />

ein Bürger. Wer neben der Sorge für seine eigene<br />

Einstellung Mitverantwortung trägt für<br />

andere, für das Ganze, der gehört zur Elite. Wir<br />

haben durch die Vergünstigung unseres Schulbesuches<br />

die Verpflichtung, uns für eine solche<br />

Aufgaben bereit zu halten.<br />

Die Erziehung zu dieser Mitverantwortung aber<br />

setzt neben der Bildung einer Persönlichkeit<br />

auch die Bindung an das Ganze, an bestimmte<br />

unvergängliche Werte voraus; und diese Werte<br />

dürfen nicht von heute auf morgen geändert<br />

werden. Wenn dies in der Schule nicht immer<br />

gelingt, so ist das keine Unwilligkeit der Jugend,<br />

sondern ihre Unkenntnis persönlichkeitsformender<br />

Werte, zu denen sie nicht immer ausreichenden<br />

Zugang findet. Warum?<br />

Aber hier besteht eine Gefahr - und jeder<br />

Schüler wird diese im Laufe der Jahre erkennen.<br />

Es besteht die Gefahr bei der allgemeinen<br />

Überfülle des Wissensstoffes, nur oberflächlich<br />

in den staatlichen, in den kulturellen Problemkreis<br />

einzudringen. Spezialistentum dürfen wir<br />

nicht gleichsetzen mit Kultur. Man sollte dem<br />

Anspruch der Gründlichkeit nachgeben, nicht im<br />

Sinne dieser Spezialisierung, sondern im Hinblick<br />

auf ein Erkennen des Wesentlichen. Wenn<br />

der Schüler den Erfordernissen jedes einzelnen<br />

Schulfaches genüge tut, so wird er zwangsläufig<br />

einzelne Tatsachen in wachsender Zahl anhäufen,<br />

ohne sie wirklich geistig zu verarbeiten. Die<br />

Aufnahmefähigkeit wird überfordert, eine mangelnde<br />

Tiefenwirkung ist die Folge. Denn eine<br />

bloße Stoffansammlung ohne Einordnung des<br />

Grundgedankens in den größeren Zusammenhang<br />

der Geistes- und Lebensgeschichte wird dann zu<br />

einem wertlosen Ballast, und dieser wird dann<br />

bald abgeworfen.<br />

Unsere Bildung findet ihren Kristallisationspunkt<br />

tief in den Anfängen abendländischer<br />

Kultur; mit den unvergänglichen Symbolen<br />

Athen, Rom und Jerusalem. Diese Tradition können<br />

wir pflegen, wenn sie uns in ihrem wesentlichen<br />

Kern bekannt sind und von jungen Kräften<br />

neu belebt werden. Eine Synthese zwischen althergebrachten<br />

Bildungsidealen und historischer<br />

Wirklichkeit.<br />

Es ist eine Frage von Sein oder Nichtsein, ob wir<br />

in einer Zeit, wo die Gefahren so groß, die Ziele<br />

aber oft verschwommen sind, das tun, was die<br />

Situation von uns fordert: den festen Zusammenschluss<br />

abendländischer Bildungsgüter im<br />

Schutze freiheitlicher Demokratien. Und dies<br />

als Antwort auf die gefährlichen Fragen aus der<br />

anderen Hälfte der Welt.<br />

Die Aufgabe bleibt mindestens noch für uns<br />

Jugendliche bestehen, denn der Kampf zwischen<br />

totalitären und demokratischen Lebensformen<br />

wird in unserer Generation noch anhalten und<br />

vielleicht entschieden werden. Trotz vieler Theorien<br />

und Meinungen gibt es nichts, was unabänderlich<br />

vorherbestimmt wäre. Die Entscheidung<br />

liegt bei uns!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!