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Ahrfahrt der U3z 55<br />
und versuchten sich mit verschiedenen Unterhaltungssportarten<br />
wie Mühle, Schach oder<br />
Dame (natürlich nur auf einem Spielbrett!). Von<br />
Mücken und Fliegen zerbeult, suchten auch sie<br />
bald das Weite.<br />
Ballköpfen wurde zum Sport der besessenen<br />
Amateure. Fieberhaft kämpften die Doppelpaare<br />
der einzelnen Klassen um die Siegespalme.<br />
„Die Freude war kurz,<br />
der Platz schnell leer,<br />
die U3z fand keine Gegner mehr.“<br />
So bildete wieder einmal König Fußball die Krone<br />
aller Wettkämpfe, Die älteren Herren wohnten<br />
diesen Spielen meist als Zuschauer bei, nur Herr<br />
Studienrat Walke von den „Alten Herren“ war<br />
der einzige Aktive auf dem Fußballfelde und<br />
verriet ehemalige olympische Eigenschaften. Zuerst<br />
spielte er auch nur Zuschauer, doch plötzlich<br />
erinnerte er sich junger, längst verflossener<br />
Tage; Sein alter Geist erwachte, und siehe<br />
da, schwerfällig bewegte sich seine breite. füllige<br />
Gestalt zum Kampfplatz. Ein neues Spiel feierte<br />
seinen Triumph. Er spielte bald als wilder<br />
Stürmer und Dränger, bald als überlegener Taktiker.<br />
Doch es war leider ein letztes Aufflackern<br />
seiner Fußballbegeisterung, bevor er endgültig<br />
seine Fußballschuhe an den symbolischen<br />
Nagel hängte. Wie bedrückt waren die Zöglinge,<br />
als sie ihren Klassenvater nach einem oberligareifen<br />
Kopfball auf dem tückischen Boden liegen<br />
sahen.<br />
Besonders heiß ging es im Tagesraum beim<br />
Tischtennis zu, Dort beherrschte Herr Studienrat<br />
Hölscher als müßiger Zuschauer das Feld.<br />
Das muntere Hüpfen des Balles und der Wirbel<br />
der mit wirren Haaren herumspringenden Spieler<br />
(zu denen auch Vater Walke gehörte) erregte<br />
sein friedvolles Gemüt so, daß er am liebsten<br />
mitgespielt hätte. Aber er mußte einsehen,<br />
daß zu diesem Sport ihm noch viel an körperlicher<br />
Gewandtheit und spielerischer Raffinesse<br />
fehlte; das zerriß ihm schier den Busen, und<br />
wütend rief er: „Tische weg! In anderer Sportart<br />
man sich messe: Papiersammeln!“<br />
Andere wollten es mit einer Sportart versuchen,<br />
die sonst in unserem Alter nicht üblich ist: dem<br />
Angelsport. Bevor sie sich jedoch an die Forellen<br />
in dem schäumenden Gewässer der Ahr heranwagten.<br />
begannen sie ein eifriges „Hallentraining.“<br />
Vorsichtig warfen sie die Angel aus dem<br />
Fenster aus, freudig zogen sie schmucke Kleider,<br />
Badeanzüge usw. herauf, die eine Etage<br />
tiefer an den Fenstern der weiblichen Schlafräume<br />
zur Schau oder vielleicht auch zum<br />
Trocknen hingen. Unser Klassenleiter, sonst ein<br />
begeisterter Sportler, wie es auch aus diesem<br />
Bericht hervorgeht, hatte für diese Sportart<br />
des Angelns leider gar kein Verständnis. Er beschlagnahmte<br />
die geangelte Beute und verbot<br />
strikt unter Androhung härtester Strafen die<br />
weitere Ausübung dieser schönen Sportart.<br />
Nun wäre noch über eine Sportart zu berichten,<br />
die nur von einem obersten Triumvirat leider<br />
hinter verschlossenen Türen, also unter Ausschluß<br />
der Presse, ausgeübt wurde. So muß sich<br />
der Berichterstatter auf die Wiedergabe von<br />
akustischen Eindrücken und von nicht nachzuweisenden<br />
Gerüchten beschränken. Zunächst<br />
soll es sich um eine Sportart handeln, bei der<br />
die Fäuste eine maßgebliche Rolle spielen. Man<br />
vermutet eine Abart des Boxens, zumal häufig<br />
ein deutliches Aufschlagen auf Bretter zu hören<br />
ist sowie ein Auszählen: Achtzehn, Zwanzig usw.<br />
Manchmal wird bis vierzig, sechsundvierzig und<br />
sogar bis sechzig ausgezählt, woraus wir schließen,<br />
daß die k.o.-Schläge von besonders durchschlagender<br />
Wirkung sind.<br />
Außerdem soll es sich um einen ausgesprochenen<br />
Berufssport handeln, es wird also nicht um die<br />
sportliche Ehre. sondern um Geld gekämpft,<br />
(und das im vorolympischen Jahr!) wobei das<br />
immer strahlende Gesicht Herrn Hölschers und<br />
sein voller Geldbeutel auf den Sieger schließen<br />
lassen, während Herr Plester sich mit dem Titel<br />
des zweiten oder dritten Siegers begnügen<br />
mußte<br />
So wurde<br />
trotz aller<br />
Hindernisse<br />
auch in Altenahr<br />
dem<br />
Wahlspruch<br />
der alten Lateinergehuldigt:<br />
Mens sena in corpore sano!<br />
Günther Spieß (O3z)