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170 Werner Thorwesten<br />

vom Kriegsdienst freigestellt war, lebte ich mit<br />

meinen Eltern und meinem älteren Bruder immer<br />

in der Essener Innenstadt, von der ich mich<br />

auch jetzt noch nicht trennen kann. Sämtliche<br />

Großangriffe auf Essen haben wir hautnah zu<br />

Hause oder in Bunkern miterlebt, wurden ausgebombt,<br />

zweimal sind wir in der Söllingstraße<br />

bzw. Auf der Donau knapp dem Tod entronnen.<br />

An Einzelheiten bei den vielen kritischen Situationen<br />

kann ich mich nicht erinnern; im Gedächtnis<br />

haften blieb aber – so seltsam es auch<br />

klingen mag - ein Gefühl des Beschütztseins<br />

durch die anwesenden Eltern.<br />

Der Essener Innenstadt verbunden<br />

Hungern wegen Lebensmittelknappheit in der<br />

Großstadt, spielen in Ruinen – was die Eltern<br />

streng verboten hatten – Beginn des Volksschulunterrichts<br />

in notdürftig hergerichteten, kaum<br />

beheizbaren Schulräumen, Quäkerspeisung in<br />

den Schulen. Trotz allem: nie ist mir der Gedanke<br />

gekommen, ich hätte eine „freudlose Kindheit<br />

und Jugend“ gehabt.<br />

Da gab es doch nach der Rückkehr der Familien<br />

aus der Evakuierung die größer werdende Zahl<br />

der Kinder und Heranwachsenden in den Messdiener-<br />

und Jugendgruppen in der Münsterpfarre!<br />

Noch Jahre dienten Baubuden und Kellerräume<br />

als Jugendtreffs, doch das hinderte nicht<br />

die Kreativität der Jugendleiter und –kapläne,<br />

die die Situationen zu meistern und die Kinder<br />

und Jugendlichen zu begeistern verstanden<br />

(natürlich gab es damals noch kein Fernsehen<br />

und keinen Wohlstandsüberdruß).<br />

Gern denke ich an die vielen Stunden zurück, die<br />

ich als Mitglied einer Gruppe, später dann selbst<br />

als Gruppenleiter in Ferienfreizeiten, bei Pfarrfesten<br />

usw. in und mit der Münsterpfarre verbrachte.<br />

Daraus resultieren bis zum heutigen<br />

Tag meine Verbundenheit mit und meine ehrenamtlichen<br />

Tätigkeiten in der Münsterpfarre<br />

bzw. der Gertrudispfarre. Es soll nicht unerwähnt<br />

bleiben, dass mein Engagement bei „Kirchens“<br />

nicht ohne Tolerierung durch meine Frau<br />

möglich gewesen wäre.<br />

Mit großem Herzklopfen saß ich 1948 als Sextaner<br />

in der Schulbank in einem Barackenanbau in<br />

Essen-Steele, der zum Humann-Gymnasium gehörte,<br />

das bekanntlich die Humboldtschüler in<br />

Wechselschichten beherbergen musste. Den Besuch<br />

eines Gymnasiums verdanke ich meinen Eltern,<br />

waren doch zu jener Zeit noch Schulgeld<br />

und sämtliche Lehrmittel selbst aufzubringen.<br />

1956 saßen die Oberprimaner endlich in dem<br />

neuen Schulgebäude an der Varnhorststraße und<br />

fieberten dem Abitur entgegen, und ich mitten<br />

unter ihnen: ein durchschnittlicher Pennäler, der<br />

sich dann unbändig freute, ohne Ehrenrunden<br />

die Schule bis zum Abi geschafft zu haben.<br />

Gern denke ich zurück<br />

Gern denke ich an die Humboldtzeit zurück. Was<br />

hatten wir doch eine Vielzahl von Charakteren<br />

als Lehrer, z.B. Schönfeld, Dr. Neerfeld, Wagner<br />

II, die nicht nur Fachwissen weitergaben,<br />

sondern uns Bildung vermittelten. Der Unterricht<br />

im Klassenverband bewirkte ein Zusammengehörigkeitsgefühl.<br />

Die vielen Jahre Lateinunterricht<br />

möchte ich im Nachhinein nicht missen.<br />

Andererseits wäre es für unsere Entwicklung<br />

sicher von Vorteil gewesen, mit den Lehrern<br />

im Unterricht mehr zu diskutieren und sich frei<br />

auszutauschen; doch da bestand seinerzeit noch<br />

eine unsichtbare Schranke zwischen Lehrern<br />

und uns Schülern.<br />

Die guten eigenen Erfahrungen als Ehemaliger<br />

und natürlich auch die räumliche Nähe von unserer<br />

Wohnung in der Severinstraße zur Humboldtschule<br />

trugen dazu bei, dass unsere beiden<br />

Töchter dasselbe Gymnasium besuchen wollten<br />

und dort auch ihr Abitur machten. Soll ich Euch<br />

noch etwas verraten? Der Ehemann meiner ältesten<br />

Tochter war ebenfalls auf der Humboldtschule<br />

und sein Vater sitzt hier unter uns beim<br />

50-jährigen Abi-Jubiläum.<br />

Schade, dass kurze Zeit nach dem Abitur unserer<br />

jüngsten Tochter für das Humboldtgymnasium<br />

das Aus kam und es der Gesamtschule weichen<br />

musste. Ich bin sicher, ich gehörte jetzt<br />

noch dem Verein der Freunde und Förderer an.

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