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60 Aus alten Schulzeitungen<br />

Der Aburent<br />

Wissen Sie, wie einem zumute ist, wenn man<br />

langsam aber bestimmt und unaufhaltsam das<br />

mündliche Abitur auf sich zukommen sieht -<br />

gleich einer Flutwelle, die demnächst in diesem<br />

Theater über einem hinwegrollen wird? Wenn<br />

man auch, mehr oder minder mitgenommen,<br />

schließlich dieser Flutwelle siegreich entsteigen<br />

sollte - mitgenommen wird man auf jeden Fall.<br />

Er schreckt von der Couch hoch. Hat ,es da<br />

nicht 6 Uhr geschlagen? „Nein, sowas! Den ganzen<br />

Nachmittag verschlafen! - Wieso? Das<br />

werde ich mir doch noch leisten können!“ Er<br />

fährt sich ,durch die Haare und überlegt, „Physik,<br />

Geschichte, Englisch, Mathe ... Noch 'ne<br />

ganze Menge zu machen! Das gibt wieder Nachtschicht<br />

... „ Langsam erhebt er sich. Er setzt<br />

sich auf die Schreibtischkante. Unentschlossen<br />

läßt ,er seine Beine hin- und herbaumeln und<br />

dreht am Radio herum. Dann rafft er sich auf,<br />

nimmt sich den dicken Geschichtsband vor,<br />

daneben ein Blatt Papier für Notizen und beginnt<br />

zu büffeln .... -<br />

Es ist ½1 Uhr, genauer gesagt 0.30<br />

Uhr. Ein krummer Buckel wölbt sich<br />

über den Schreibtisch. Der Kopf mit<br />

den zerwühlten Haaren ist von dichtem<br />

Zigarettenqualm umhüllt. Die<br />

„Kippen“ im Aschenbecher häufen<br />

sich. Das blasse, fahle Gesicht ist tief<br />

in das Buch 'gebeugt. Die schmerzenden Augen<br />

tasten flackernd Wort für Wort, Zeile für Zeile<br />

ab. Durch die gereizten<br />

Nervenstränge rauscht die zu verarbeitende,<br />

geistige Nahrung in das hämmernde Gehirn. Die<br />

Finger krampfen sich um den Bleistift, dessen<br />

stumpfe Spitze hastig über das Papier zuckt,<br />

endlose, schwarze Reihen hinter sich lassend.<br />

„Mensch, jetzt hab' ich's aber satt!“ Krachend<br />

fliegt der Stuhl ,in die Ecke. Langsam streckt er<br />

die Arme nach oben aus und strafft ·den<br />

schmerzenden Körper. Dann ein paar Beugungen!<br />

Er hält sich den Nacken, biegt den Kopf vor und<br />

zurück, reibt sich die brennenden Augen und<br />

gähnt furchtbar laut.<br />

In der Küche findet er kalten Kaffee, den er<br />

gierig in großen Schlücken hinunterstürzt. Dann<br />

reißt er in seinem Zimmer die Fenster auf und<br />

zieht die kalte Nachtluft in tiefen Zügen genießerisch<br />

ein. „Noch eine Woche! ... Bin ich froh,<br />

wenn das vorbei ist!“<br />

Endlich liegt er im Bett, dehnt und streckt sich,<br />

dreht sich auf die Seite und ist weg, hinüber im<br />

Reich der Träume, wo Dürer, als Jungfrau von<br />

Orleans verkleidet, ihm auf Lateinisch die Zauberformel<br />

erläutert.<br />

OIa mit Spitzenleistungen<br />

Der arme (Aburent) Abiturient!<br />

Hans Joachim Groß (O1b)

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