30.01.2013 Aufrufe

pdf-Datei

pdf-Datei

pdf-Datei

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Franz-Josef Helten 117<br />

die nach „schwerer See“ in ruhigere Wasser<br />

gelangten.<br />

Studium und Beruf<br />

Nach dem Abitur im März 1956 begann ich im<br />

gleichen Jahr an der Wilhelmsuniversität in<br />

Münster mit dem Studium der Philologie (Englisch,<br />

Geschichte, Leibeserziehung). Ich fühlte<br />

mich in der historisch geprägten Stadt wohl und<br />

verbrachte dort mit Ausnahme des Wintersemesters<br />

1957/58, als ich an der Universität<br />

München war, meine gesamte Studienzeit.<br />

Gemeinsam mit unserem Klassenkameraden Gerd<br />

Kannengießer, der ebenfalls Englisch studierte,<br />

gelang es mir bereits nach dem ersten Semester,<br />

Gast bei einer englischen Familie zu sein<br />

und Land .Sprache und Leute, näher als im Unterricht<br />

möglich, kennen zu lernen. Eingebunden<br />

in das Familienleben, lernten wir den Alltag in<br />

der Kleinstadt ASHBURTON bei Newton Abbot<br />

in der Grafschaft Devon kennen, bei einem Ehepaar<br />

mit sehr unterschiedlicher Ausrichtung.<br />

Die Frau unterhielt in ihrem großen Wohnhaus<br />

eine Privatschule, der Mann führte einen kleinen<br />

Malerbetrieb.<br />

Es lohnt sich, hier zu erwähnen, daß Mrs Weaver,<br />

so war ihr Name, in ihrer Funktion als<br />

headmistress eine gute Psychologin war, klug<br />

und über breites Wissen verfügend. Als sie<br />

merkte, daß wir uns zu sehr der Muße hingaben,<br />

weitete sie, ehe wir uns versahen, ihre hoheitlichen<br />

Befugnisse aus und nahm uns in die Pflicht<br />

mit allerlei Übungen zu Wortschatz, Stilkunde u.<br />

Grammatik. Sechs Monate nach dem Abitur galt<br />

für uns wieder der Satz :“Schule hat begonnen.“<br />

Wir wußten, daß sie nicht deutsch sprach, ahnten<br />

aber nicht, daß sie deutsch gut verstand. Als<br />

Gerd beim Billiardspiel auf Deutsch eine unflätige<br />

Bemerkung über sie machte, enttarnte sie<br />

sich mit der Bemerkung :“That wasn't gentlemanly,<br />

Gerd,“ und ermahnte uns, in Zukunft<br />

bitte auch aus Höflichkeitsgründen allzeit nur<br />

englisch zu sprechen.<br />

Wir gaben unser Bestes und mußten später<br />

zugeben, daß dieses uns verpaßte pädagogische<br />

Korsett, trotz der uns noch im vorrausgegangenen<br />

März bescheinigten „Reife“, notwendig war<br />

und wir davon profitiert hatten. Die Verbindung<br />

zu dieser Familie hat über all die Jahre des<br />

Studiums gehalten bis weit in mein Berufsleben<br />

hinein.<br />

Weitere Verbindungen zu der Insel entstanden<br />

bei meinen Ferien mit der CHA (Christian Holidays<br />

Association). Dort trafen sich meistens in<br />

alten Manor Houses (Herrenhäusern ) einander<br />

völlig fremde Menschen, stellten sich unter der<br />

Leitung eines Gastgeberpaares bei einem gemeinsamen<br />

Abendessen gegenseitig vor und verbrachten<br />

zwei Wochen miteinander bei geselligen<br />

Abenden, Wanderungen und Ausflügen.<br />

Beim ersten Mal wurde ich an Agatha Christies<br />

10 kleine Negerlein erinnert und dachte, „wenn<br />

morgen nicht alle zum Frühstück erscheinen,<br />

wird es spannend.“<br />

Nach der Referendarzeit<br />

begann ich meine Laufbahn<br />

am Carl-Humann- Gymnasium<br />

in Essen-<br />

Steele, an<br />

dessen<br />

neoklassizistischen Bau ihr<br />

euch gut erinnern werdet.<br />

Mich beschlichen eigenartige Gefühle, als ich<br />

ausgerechnet an den Ort zurückkehrte, an dem<br />

ich als Schüler tätig oder auch untätig gewesen<br />

war.<br />

Der eine oder andere Klassenraum<br />

weckte Erinnerungen an „gewisse<br />

Aktivitäten“, mit denen wir den<br />

Schulalltag aufzulockern<br />

versuchten, wozu u.a. auch die „Entsorgung“<br />

alter Schulmöbel gehörte. Es<br />

ließen sich manche Episoden<br />

erzählen, von denen Ali<br />

Gerstenkorns versehentliche<br />

Aushebelung einer<br />

Referendarstunde bei seiner Stippvisite in einer<br />

fremden Klasse herausragt und einen „Oscar“<br />

für Spontaneität verdient hätte.<br />

Da ich die Fronten gewechselt hatte, mußte ich<br />

Schülerunfug von jetzt an unterbinden und kam<br />

mir zunächst vor wie einer, der zum Feind übergelaufen<br />

war. Vielleicht hat gerade das mir geholfen,<br />

eine angemessene Einstellung zu Schülern<br />

zu finden und notwendige Disziplinierungsmaßnahmen<br />

ohne tiefen Groll im Herzen vorzunehmen.<br />

Ich hatte mich fast in meinem Beruf eingelebt,<br />

da kam mit der Reform der gymnasialen Ober

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!