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Frieder Kluckhohn 127<br />
Abi - und was dann kam<br />
Essen, Braunschweig, Karlsruhe, Gelsenkirchen,<br />
Braunschweig, Hamburg, Hitzacker/<br />
Elbe und wieder Hamburg, das sind die Sta-<br />
tionen meines Lebens - wichtige, weniger<br />
wichtige, prägende und eine, auf die ich gut<br />
verzichten kann.<br />
Im April 2000 sind wir - meine Frau Heide-<br />
Lore - Heidi - und ich zum zweiten Mal nach<br />
Hamburg übersiedelt. In eine Eigentumswohnung<br />
im Nord-Osten Hamburgs, nach<br />
HH-Rahlstedt, mitten im Grünen gelegen,<br />
am Stadtrand und doch mit guter Nahversorgung,<br />
und nur 18 S-Bahn-Minuten zum<br />
Hauptbahnhof. So eine Lage war uns sehr<br />
wichtig, denn irgendwann fährt man nicht<br />
mehr Auto, will aber trotzdem ans „Leben“<br />
angebunden bleiben.<br />
Zurück nach Hamburg kamen wir aus Hitzacker<br />
im Wendland, wohin wir im Juni 1999<br />
gezogen sind, um uns den langen Traum vom<br />
Leben auf dem Lande zu erfüllen. Es war an<br />
einem Montag, als wir an der Elbe angekommen<br />
sind, am Donnerstag davor war ich<br />
aus dem Berufsleben verabschiedet worden.<br />
An diesem Montag stand ich mittags um 12<br />
auf der Terrasse unseres neuen - nein, unseres<br />
neuen grunderneuerten Hauses,<br />
blickte über die „Latifundie“ und fragte<br />
mich: was machst du hier eigentlich?<br />
Die Möbelpacker waren schon abgezogen,<br />
alle Möbel standen an Ort und Stelle, nur<br />
die Kisten mussten noch ausgeräumt, Geschirr<br />
und Bücher - tausende von Büchern -<br />
(das ist so, wenn man mit einer Journalistin<br />
verheiratet ist ) - eingeräumt werden.<br />
Was machst du hier eigentlich? Nach dieser<br />
Frage bekam ich schlaflose Nächte, ständige<br />
Magenschmerzen und schließlich Panikattacken.<br />
Der Arzt diagnostizierte schwere<br />
psychische Störungen, ich hatte einen „Pensionsschock“.<br />
Das mir. Wenn mir das vorher<br />
jemand prophezeit hätte, ich hätte ihn ausgelacht.<br />
Aber ich war auf „die Zeit danach“ wohl<br />
doch nicht so gut vorbereitet, wie ich gedacht<br />
habe.<br />
Am besagten Donnerstagmorgen war ich<br />
noch Abteilungsleiter in der Hamburger<br />
Baubehörde, ich war Senatsvertreter, Mitglied<br />
in Arbeitskreisen, Ausschüssen, Fachkommissionen,<br />
Beiräten und hatte im Februar<br />
zum letzten Mal Studentinnen und<br />
Studenten eine schriftliche und mündliche<br />
Prüfung an der TU-Harburg abgenommen<br />
(ein Lehrauftrag, den ich sehr gerne gemacht<br />
habe). Mittags gegen 13 Uhr war ich<br />
beruflich gar nichts mehr.<br />
„Tschüß, machen Sie`s gut und schauen Sie<br />
mal wieder rein, wenn Sie in Hamburg sind“<br />
Ein Jahr hat es gedauert, dann ging es mir<br />
mit ärztlicher Hilfe und vielen Tabletten<br />
besser. Wir wohnten inzwischen wieder in<br />
Hamburg, das Haus war verkauft und der<br />
größte Fehltritt in meinem - in unserem Leben,<br />
Heidi wollte auch so schnell wie möglich<br />
aus Hitzacker verschwinden - geriet langsam<br />
in Vergessenheit.<br />
Fehltritte hat es viele gegeben, aber ich bin<br />
immer wieder auf die „Butterseite“ gefallen.<br />
Schon auf dem Humboldt-Gymnasium gab es<br />
so manchen. Bei Holtermann z.B., der mich<br />
nicht leiden konnte, ich war ihm viel zu vorlaut<br />
und noch schlimmer: meine Denkweise