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Frieder Kluckhohn 131<br />
Neuanfang - diesmal mit der gebührenden<br />
Kontinuität.<br />
Meine zweite Frau ist jetzt 64, ich bin 70,<br />
wir sind beide Rentner, meine Tochter hat<br />
mich viermal zum Opa gemacht und wir haben<br />
nie Zeit. Die Wahrnehmung unserer<br />
beider Interessen und Hobbys ist Tages<br />
füllend - Heidi beklagt sich auch schon mal<br />
über den „Stress“.<br />
Reisen, wieder kreuz und quer durch Europa<br />
ist immer noch meine große Leidenschaft,<br />
die meine Frau zum Glück mit mir teilt. 20<br />
bis 25 Wochen im Jahr sind wir unterwegs.<br />
Das Boot haben wir vor etwa 10 Jahren eingetauscht<br />
gegen ein Wohnmobil. Das macht<br />
unabhängig und beweglich: Regnet es im<br />
Westen, fahren wir nach Osten. Unsere<br />
Lieblingsländer sind inzwischen Griechenland<br />
und Frankreich, aber auch Österreich.<br />
Österreich die Heimat meiner Frau, sie ist<br />
aus Graz, dem „Geniewinkel Europas“ - darauf<br />
besteht sie. Regelmäßig machen wir<br />
auch länger Station in kulturgeschwängerten<br />
Metropolen bevorzugt in Paris, Wien<br />
oder in unserer Hauptstadt, wo seit einigen<br />
Jahren wieder das Leben tobt…<br />
Eine weitere Leidenschaft ist das fotografieren.<br />
Inzwischen digital und mit der Bildbearbeitung<br />
am PC. Fotografiert wird nicht<br />
nur für den Hausgebrauch, sondern ich<br />
beteilige mich auch an Foto-Wettbewerben.<br />
Das alles kostet viel Zeit. Aber es kitzelt<br />
die Eitelkeit, wenn man die eigenen Fotos in<br />
Ausstellungen wieder sieht.<br />
Und dann gibt es noch die Menschen in unserem<br />
Leben. Menschen, mit denen wir Politik<br />
machen, immer noch, wenn auch weniger.<br />
Und Freundinnen und Freunde mit gemeinsamen<br />
Interessen wie Musik, Malerei, gute<br />
Filme (leider immer mehr Mangelware),<br />
Theater und nicht zu vergessen, gut essen<br />
und trinken. Unseren Wein holen wir uns<br />
immer aus der Südsteiermark, dem Burgenland<br />
und der Wachau - wo sonst!<br />
Aber da sind nicht nur Menschen die mit<br />
uns leben, es gibt auch noch Jule. 5 Kilo<br />
schwer, saufarben, vier Jahre alt - eine<br />
Zwerg-Rauhaar-Dackeldame, die alle Abenteuer<br />
mit uns teilt.<br />
Leider bekommt unser Netzwerk immer<br />
mehr Löcher. Manche Weggefährten definieren<br />
sich fast nur noch über Ihre Enkel<br />
und die Mauern um sie herum werden immer<br />
höher. Einige, was schlimmer ist, sind von<br />
ernsten Krankheiten betroffen. (Von denen<br />
Heidi und ich bis heute - und hoffentlich<br />
noch lange - verschont geblieben sind.) Und<br />
einige sehr enge Freunde sind schon für<br />
immer gegangen. Damit zu leben ist ein Teil<br />
unseres Alltags, normal für Leute um die<br />
70.<br />
Alt werden ist nichts für Feiglinge.<br />
Trotzdem, die Gefühlswelt in der wir leben<br />
hat sich im Laufe der Jahre zwar inhaltlich<br />
verändert aber nicht an Intensität verloren.<br />
Möge es noch lange so bleiben.<br />
Auch drei Wünsche habe ich immer noch.<br />
Sie hängen in großen Lettern an der Wand<br />
hinter meinem Schreibtisch, wie schon davor<br />
viele Jahre im Büro:<br />
- Gib mir Gelassenheit, Dinge zu ertragen,<br />
die ich nicht ändern kann,<br />
- gib mir Mut, Dinge zu ändern, die ich<br />
ändern kann und<br />
- gib mir Weisheit, das eine von anderen<br />
zu unterscheiden.<br />
Vielleicht wird mir auch der letzte Wunsch<br />
noch mal erfüllt.