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Gerd Wallmann 183<br />
50 Jahre nach dem Abi<br />
– ein Blick zurück.<br />
In jedem Leben gibt es Geschehnisse und Entscheidungen,<br />
die für die weitere Entwicklung von<br />
besonderer Bedeutung waren. Ich will versuchen,<br />
diese für mein Leben in einem kurzen<br />
Rückblick zusammen zu fassen.<br />
Von Leipzig nach Essen<br />
Die Kriegsereignisse hatten uns natürlich alle<br />
irgendwie berührt. In Leipzig hatten wir – lange<br />
vom Luftkrieg verschont – Ende 1943 den ersten<br />
schweren Bombenangriff mit viel Glück unverletzt<br />
überlebt. Nach diesem Ereignis, das mir<br />
auch heute noch in allen Einzelheiten in der Erinnerung<br />
ist, landeten wir zunächst in einem<br />
Hotel in Neustadt/Orla in Thüringen und dann<br />
ein paar Monate später in einem nahe gelegenen<br />
Dorf auf einem Bauernhof. Da waren wir relativ<br />
sicher und gut versorgt.<br />
Für mich als Stadtjungen war das allerdings eine<br />
völlig neue Welt! Die Schule war winzig, der Unterricht<br />
erfolgte simultan für alle Jahrgänge in<br />
einem einzigen Klassenraum, ansonsten bestimmte<br />
von nun an das Leben auf dem Lande meinen<br />
Tagesablauf. Eine höhere Schule gab es zwar in<br />
sechs Kilometer Entfernung, aber da ich kein<br />
Arbeiter- oder Bauernsohn war, hatte ich da in<br />
der russischen Zone keine guten Karten. Mein<br />
Vater hatte sich zudem im Zuge der Verstaatlichung<br />
des von ihm geführten Unternehmens<br />
glücklicherweise früh entschlossen, in den Westen<br />
zu fliehen, zurück in seine alte Heimat, wo<br />
er schnell in Essen eine neue berufliche Aufgabe<br />
fand. Der Rest der Familie folgte bald nach –<br />
auch wieder schwarz über die grüne Grenze.<br />
Schule und Studium<br />
Ich selbst landete damals zunächst auf dem<br />
„Pädagogium“ in Bad Godesberg – probeweise in<br />
der Quinta. Dort hatte ich trotz vorheriger<br />
Privatstunden viel geistiges Neuland zu beackern,<br />
tat das aber mit viel Engagement und<br />
Erfolg. Nach der familiären Wiedervereinigung<br />
in Essen, ging es dann zur Humboldt. Mein erster<br />
Klassenlehrer war damals „Hannibal“. Es gab<br />
wieder vieles nachzuholen, denn auf der Humboldt<br />
war man bereits weiter als auf dem Pädagogium.<br />
Nach dem Abi, das hatte ich mir vorgenommen,<br />
wollte ich Betriebswirtschaft studieren und<br />
absolvierte dafür zunächst mal das obligate<br />
halbjährige Praktikum in Ludwigshafen bei der<br />
Fa. Grünzweig und Hartmann. Das eigentliche<br />
Studium begann ich dann an der Alma Mater<br />
Coloniensis. Ich wurde Mitglied einer dort ansässigen<br />
Burschenschaft, was mir nicht nur während<br />
meiner Studienzeit viel Freude bereitet<br />
hat, sondern mir auch heute noch Spaß macht.<br />
Operations Research<br />
Ein gewisser Hang zur Mathematik, den ich<br />
schon auf unserer Humboldt hatte, holte mich<br />
auch an der Uni wieder ein, Stichwort: „Operations<br />
Research“. Die mathematischen Grundlagen<br />
waren schon etwa 60 Jahre vorher gelegt<br />
worden, aber die praktische Einsetzbarkeit dieser<br />
mathematischen Verfahren zur Lösung von<br />
komplexen technisch – wirtschaftlichen Optimierungsproblemen<br />
wurde erst mit der Entwicklung<br />
entsprechend großer Computer-Anlagen<br />
möglich.<br />
An der Uni hatte ich das Glück, schon früh in<br />
eine Arbeitsgruppe von Professoren zu kommen,<br />
die sich mit diesen Optimierungsverfahren beschäftigte.<br />
Die Tatsache, daß man uns in den<br />
USA auf diesem Gebiet weit voraus war, ließ bei<br />
mir den Wunsch reifen, nach Möglichkeit auch<br />
mal ein bis zwei Semester in die USA zu gehen.<br />
In Vorbereitung darauf bewarb ich mich –<br />
glücklicherweise mit Erfolg - über den AIESEC