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82 Wilfrid Braß<br />

Erste Spuren<br />

Wenn ich hier auf meine Humboldtzeit von<br />

1947 bis 1956 zurückblicke und mich an bestimmten<br />

Stellen frage, wie das war, kommt es<br />

mir so ähnlich vor wie Ausgrabungen. In einem<br />

langsam immer mehr verschütteten Gedächtnis<br />

tritt ganz zufällig irgendein gemeinsames Erlebnis<br />

unserer Schulzeit zutage. Wenn ich es<br />

näher betrachte, finde ich eine Spur, teilweise<br />

nur noch undeutlich, die aber plötzlich einen<br />

Fund ans Licht bringt, den ich für wert halte,<br />

hier aufbewahrt zu werden.<br />

Mellmanns Sitzordnung<br />

Wer erinnert sich noch an die wirklich erste<br />

Stunde in der Sexta a? Wir betraten mit unserem<br />

Klassenlehrer Herrn Mellmann den Klassenraum<br />

rechts in der Baracke am Rande des<br />

Schulhofs. Zuerst standen wir alle vorne um<br />

das Pult herum. Dann verteilte Herr Mellmann<br />

die Plätze. Er fing bei der Bankreihe mit Zweiersitzen<br />

am Fenster an und setzte nach dem<br />

Alphabet seiner Schülerliste jeweils paarweise<br />

zusammen:<br />

Aldenhövel - Alefsen,<br />

Appel - Backhoff,<br />

Becker – Beckmann,<br />

Bertling - Brand,<br />

Braß - Braun,<br />

Brodhage - Büchsenschütz,<br />

Chausette – Dörnenburg, ...<br />

Schließlich am Schluss hinten links, wo der eiserne<br />

Kohlenofen stand, endete es mit<br />

Kottenberg - Kuhlmann.<br />

Mit Kuhlmeyer begann die Sexta b. - Wer in<br />

diesen Spuren nicht seinen Platz findet - jeder<br />

möge selbst nachgraben - war nicht von der<br />

ersten Stunde an dabei.<br />

Insoweit sind Reste der alten Klasse a, wie sie<br />

in neun Jahren Humboldtzeit erhalten geblieben<br />

sind, nur noch verstreut auffindbar. Dazu<br />

sei hier daran erinnert, dass die Klasse z erst<br />

ab Quarta auftauchen kann und dass bei Zusammenführung<br />

der Klassen a und z ab Obersekunda<br />

sechs ursprüngliche a-er erst dann b-er<br />

wurden: Becker, Braß, Falkenhagen, Kemper,<br />

Rüsing, Wallmann.<br />

Zum Klassensprecher bestimmt ...<br />

Nach der Sitzverteilung wurde der Stundenplan<br />

diktiert. Die ersten Kontakte untereinander<br />

wurden über die Fragen aufgenommen, was für<br />

Fächer Chor und Gottesdienst sind.<br />

Anschließend verteilte Herr Mellmann die Ämter:<br />

Klassenbuchführer, Tafelwischer, Klassensprecher.<br />

Ich hatte mich dafür nicht gemeldet.<br />

Plötzlich bestimmte er mich zum Klassensprecher.<br />

Ich wusste nicht warum. Vielleicht erschien<br />

ich ihm als der Bravste.<br />

Ein Klassensprecher besaß damals noch keinerlei<br />

formellen Status innerhalb der Schulorganisation.<br />

Er war nicht etwa Mitglied eines Schülerparlaments<br />

oder hatte in irgendeiner Angelegenheit<br />

Stimmrecht.<br />

Die Ordnung der Schule basierte in allen Belangen<br />

uneingeschränkt auf der autonomen Anstaltsgewalt<br />

ihres Trägers, repräsentiert<br />

durch den Direktor. Wohl auch deshalb hieß<br />

unser erster, schon lang gedienter Direktor<br />

Kindgen „Der Zeus“. Beteiligungs- oder Mitwirkungsrechte<br />

der Schülerschaft waren 1947<br />

jedenfalls noch undenkbar.<br />

... das Klassenalphabet im Kopf<br />

Auf meiner Tätigkeit als Klassensprecher beruht<br />

indessen die in mir zum Teil wohl unauslöschbare<br />

erste Namensliste unserer Klasse,<br />

Namen, die vielleicht mancher gar nicht mehr<br />

kennt, weil sie nicht bis zum Abitur dabei waren.<br />

Häufig hieß es: „Aufstellen nach dem Alphabet!“<br />

- etwa bei Ausgabe der Schulspeisung. Dann<br />

wurde nach dem Klassensprecher gerufen. Aber<br />

mehr noch, gerade zu Anfang, war ich Kassierer.<br />

Laufend waren von der Klasse irgendwelche<br />

Gelder einzusammeln. Dazu brauchte ich die<br />

Namensliste. Bezahlung von gemeinsam bestellten<br />

Büchern, von zentral beschafften Heften,<br />

die damals nur auf diesem Wege zu bekommen<br />

waren, Entgelte für die Schulspeisung (?), Beiträge<br />

für die Klassenkasse, - ich meine, es<br />

müsste noch einiges mehr gewesen sein.

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